Wer ins Ausland geht, ist mit dieser Entscheidung nicht allein: Insgesamt studierten allein 2019 rund 138.000 deutsche Studenten im Ausland. Die Zahl hat sich damit innerhalb von 15 Jahren mehr als verdoppelt (im Jahr 2004 waren es noch rund 65.000 deutsche Auslandsstudenten). 7.774 Studierende der Human- oder Gesundheitswissenschaften und 1.162 Studierende der Zahnmedizin waren 2019/2020 laut Statistischem Bundesamt dabei.
Die meisten angehenden Mediziner oder Zahnmediziner gingen dabei in Länder, in denen auf Deutsch gelehrt wird, also nach Österreich (2.224 Studenten) und Ungarn (2.245 Studenten). Die wenigsten verschlug es nach Israel – 2019 ganze 8.
Österreich steht ganz oben auf der Beliebtheitsskala vieler deutscher Medizinstudierenden. Kein Wunder – hier studiert man nicht nur auf Deutsch, auch für das Studium an einer staatlichen Uni muss man keine Studiengebühren zahlen. Es fallen nur Gebühren von 110,- Euro für die Anmeldung für den Aufnahmetest MedAT an. Die Vorbereitungsunterlagen wiederum sind frei zugänglich. Allerdings ist es schwierig einen der Studienplätze für Medizin zu bekommen, weil 75 Prozent der 1.596 Studienplätze in der Medizin an Studenten mit österreichischer Matura vergeben werden. 5 Prozent der Studienplätze sind für nicht EU-Bürger reserviert. Es bleiben pro Jahr also nur noch 319 Plätze übrig, auf die sich deutsche Studenten bewerben können. Zum Vergleich: Im Wintersemester 2020/21 gab es in Deutschland 9.660 Medizinstudienplätze. Bis 2028 will Österreich seine Medizinstudienplätze auf 2.000 ausbauen.
Vielen dürfte auch die Möglichkeit bekannt sein, in Ungarn Medizin zu studieren, weil die Universitäten Pécs und die Budapester Uni Semmelweis ein Medizinstudium auf Deutsch anbieten. An der Universität Szeged kann man die ersten zwei Jahre auf Deutsch studieren und muss dann auf Englisch weitermachen. Die Universitäten werben zum Teil damit, dass man in Ungarn das Studium beginnt und es nach einem Wechsel nach Deutschland dann ganz bequem hier fortsetzt. Hier muss man jedoch bedenken, dass man sich nur auf Plätze bewerben kann, die durch Studienabbrecher frei werden. Auch die Scheine aus dem Ausland werden an deutschen Fakultäten nicht immer anerkannt, weil das Studiensystem sich zu sehr unterscheidet. Deshalb sollte man bei einem Studienbeginn im Ausland sicherheitshalber einkalkulieren, dort das Studium auch zu beenden. In Ungarn gibt es keine NC-Beschränkung und auch keinen Eingangstest, trotzdem ist die Aufnahme kein Selbstläufer. An der Semmelweis-Universität gibt es pro Studienplatz inzwischen mehr als 10 Bewerber, obwohl das Studium dort rund 16.600 Euro im Jahr kostet.
Etwas günstiger ist das Studium in Tschechien, zum Beispiel an der Karls-Universität in Prag. Hier zahlt man ca. 9.200 bis 12.200 Euro Studiengebühren pro akademisches Jahr. Die Karls-Universität Prag hat eine Kooperation mit dem Klinikum Chemnitz, den praktischen Teil des Studiums kann man dort ableisten, während der theoretische Teil auf Englisch in Prag absolviert wird. In Tschechien kann man auf Englisch außerdem an der Palacky University in Olmütz und an der Masaryk University in Brünn studieren. Eine NC-Hürde gibt es auch hier nicht, dafür muss man den naturwissenschaftlichen Aufnahmetest bestehen.
Ja, auch in Liverpool – der Stadt von den Beatles und Jürgen Klopp – kann man Medizin studieren. Möglich ist ein Medizinstudium außerdem an den Universitäten in Glasgow oder London – und natürlich an den renommierten Universitäten in Oxford und Cambridge. Um einen Studienplatz im Fach Medizin zu bekommen, muss man verschiedene Tests machen, wie z.B. den Begabungstest UKCAT (Online) und einen Englischsprachtest (IELTS). Die Abiturnoten in Chemie und Biologie spielen bei der Platzvergabe auch eine Rolle. Außerdem wird die Praxiserfahrung, die individuelle Motivation und der Notenschnitt berücksichtigt. Das Studium kostet pro Jahr ca. 9.000 bis 10.000 Pfund.
Schon seit 2004 kann man Medizin auf Englisch an der Universität Varna studieren. Auf Englisch kann man in Bulgarien, außerdem an den Universitäten in Pleven, Plovdiv und Sofia Medizin studieren. Vergleichsweise einfach ist die Bewerbung z.B. für einen Studienplatz an der Uni Varna. Eine NC-Hürde gibt es nicht, es muss in Köln lediglich ein Aufnahmetest in Biologie und Chemie bestanden werden. Die Vermittlungsagentur StudiMed bietet ein dreitägiges Vorbereitungstraining für diesen Test an. Allerdings muss man berücksichtigen, dass es zwischen 5.000 und 10.000 Euro kostet, wenn man sich bei der Bewerbung um einen Studienplatz im Ausland von einer Agentur helfen lässt. Das Studium für Humanmedizin kostet für das Wintersemester 2022/23 in Varna, Plovdiv und Sofia 4000 Euro pro Semester (bzw. 8000 Euro pro Studienjahr). An der Medizinischen Universität Pleven ist es mit 3500 Euro pro Semester (bzw. 7000 Euro pro Studienjahr) etwas günstiger.
In der Slowakei gibt es verschiedene (private) Universitäten, an denen man Humanmedizin auf Englisch studieren kann. Möglich ist das an der Comenius-Universität in Bratislava oder der Pavol Jozef Šafárik Universität in Košice. Will man in Bratislava Medizin studieren, muss man vor Ort einen naturwissenschaftlichen Aufnahmetest bestehen. Eine NC-Quote gibt es nicht. Die Kosten belaufen sich in Bratislava auf 9.000 bis 9.500 Euro pro Jahr.
Auch in unserem Nachbarland kann man Medizin auf Englisch studieren. Dies ist z.B. an den traditionsreichen staatlichen Universitäten in Breslau oder Lodz möglich. Günstig ist das Studium für deutsche Studierende trotz staatlicher Uni aber nicht, so zahlt man etwa in Breslau ca. 11.500 Euro pro Jahr. Bei der Bewerbung wird Wert auf die Abinoten in den naturwissenschaftlichen Fächern gelegt, außerdem müssen Englischkenntnisse nachgewiesen werden.
“Nur” 7.500 Euro Studiengebühr zahlt man in Rumänien an der Universität Cluj im Jahr. Weitere Unis, an denen man Humanmedizin studieren kann, sind die Universitäten in Timisoara, Iasi und Oradea. Um an der medizinischen Fakultät der Uni Cluj angenommen zu werden, muss man einen NC von mindestens 2,5 und Englischkenntnisse vorweisen können.
An verschiedenen staatlichen Universitäten kann man Humanmedizin in Frankreich studieren, z.B. an der Université de Nantes, an der Université Rene Descartes Paris oder an der Université de Montpellier I. Voraussetzung für ein Studium sind sehr gute Französisch-Kenntnisse, es gibt zwar keinen NC, dafür sieben französische Universitäten am Ende des ersten Jahres massiv aus. Nur etwa 20 Prozent der Medizinstudenten schaffen es, die Prüfungen am Ende des ersten Jahres zu bestehen und es gibt nur einen Wiederholungsversuch.
Die Studiengebühren sind in Frankreich je nach Studiengang und Studienstatus unterschiedlich hoch. Entscheidet man sich Medizin an einer Privatuniversität zu studieren, oder an den Grande écoles, den spezialisierten Hochschulen, so können die Studiengebühren für ein akademisches Jahr bis zu 15.000 Euro betragen.
In Spanien kann man Humanmedizin auf Englisch oder Spanisch studieren, wobei englischsprachige Angebote von privaten Unis angeboten werden, die wesentlich teurer sind. Ein möglicher englischsprachiger Studienort ist z.B. Valencia. Bewirbt man sich hier an der privaten Universidad Cardenal Herrera für einen Studienplatz, erfolgt ein persönliches Interview via Skype, bei dem geklärt wird, ob man für das Studium in Frage kommt. Danach muss man noch einen Sprachtest bestehen. Bei den staatlichen Unis sind sehr gute Kenntnisse der spanischen Sprache und gute Abiturnoten Voraussetzung für die Bewerbung. Außerdem muss man in der Oberstufe die beiden Fächer Biologie und Chemie belegt haben. Dafür ist das Studium an den staatlichen Universitäten etwas günstiger (beginnend ab 5.000 Euro pro Jahr). An der Universidad Cardenal Herrera zahlt man etwas mehr als 22.000 Euro pro Jahr.