Rechtssicher im PJ? Darauf musst du achten

Laurin Gerdes ist selbst Medizinstudent und Univertreter der Studierenden des Hartmannbundes. © Timo Pixa
Das Praktische Jahr (PJ) ist ein wichtiger Teil auf dem Weg zum Arzt oder Ärztin. Doch dabei gibt es unter Medizinstudierenden immer wieder Unsicherheiten. Was darf ich? Was darf ich nicht? Wie sieht es rechtlich aus? Darüber sprach Laurin Gerdes, selbst Medizinstudent, auf dem Operation Karriere Kongress in...

Welchen Handlungsspielraum haben Medizinstudierende in ihrem PJ, und wo sind die Grenzen? Diese Fragen sind gar nicht so leicht zu beantworten, wie einige denken. „Im PJ sind wir Medizinstudierende gleichzeitig Praktikanten und Arbeitnehmer“, erklärt Gerdes, der das PJ noch vor sich hat. Auf der einen Seite sei man beispielsweise in einer Klinik als Arbeitnehmer angestellt, auf der anderen Seite aber noch kein fertiger Arzt oder Ärztin, zählt also entsprechend als Praktikant.

Sehr viele Graubereiche

Dieser Aspekt sei problematisch, da zwei Gesetzgebungen greifen: zum einen das Arbeitsrecht, das aber nicht für Pflichtpraktika gilt. Also gibt es für das PJ weder das Arbeitszeitgesetz, noch das Entgeltfortzahlungsgesetz, Bundesurlaubsgesetz, Kündigungsschutzgesetz, Mutterschutzgesetz oder Berufsbildungsgesetz. Zum anderen greift die Regelung als Pflichtpraktikant oder -praktikantin. „Genau da liegt die Schwierigkeit“, sagt Gerdes. „Es gibt viele Überschneidungen und Graubereiche.“

Es gebe Rechte und Pflichten sowohl für PJ-Studierende als auch für die Klinik, in der man das PJ leistet. Diese sind in der Approbationsordnung für Ärzte – universitätsabhängig – geregelt. Doch gleichzeitig sind die Regeln schwammig formuliert, oftmals mit „soll/kann/in der Regel“. Für die Arbeitszeit heißt das beispielsweise, dass PJ-Studierende „ganztägig an allen Wochenarbeitstagen im Krankenhaus anwesend sein“ (§3 Abs.4 ÄApprO) sollen. „Aber wenn es an Feiertags-, Nacht- oder Wochenenddienste geht, nutzen Kliniken diese ungenauen Formulierungen auch mal aus“, beschreibt Gerdes die Situation.

Was du definitiv nicht darfst

Aber was müssen oder dürfen Medizinstudierende im PJ eigentlich machen? „Ein klarer Tätigkeitsbereich ist nicht definiert“, so Gerdes. Der Fokus liege zwar auf der Ausbildung der PJ-Studierende und der Erweiterung ihrer Fähigkeiten. Doch eine genaue Definition der erlaubten und nicht erlaubten Tätigkeiten fehle. Es gebe zwar von Seiten der Bundesärztekammer einen Katalog an Tätigkeiten, die für PJ-Studierende empfohlen werden. „Das ist aber nur eine Empfehlung und keine klare Vorgabe oder Satzung.“ Klarer hingegen sind die Tätigkeiten definiert, die auf keinen Fall an PJ-Studierende delegiert werden dürfen, beispielsweise Diagnosestellung, Patientenaufklärung oder Therapieentscheidungen. Auch hier gebe es eine Empfehlung der Bundesärztekammer.

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Wenn es um die Frage der Verantwortung geht, gibt es ebenfalls keine klaren Regelungen. Zwar sei eigentlich der Handelnde – also die PJ-Studierende – verantwortlich. Doch bei delegierten Tätigkeiten sei es ungewiss, ob PJ-Studierende als Ausführende oder der Arzt oder die Ärztin, die delegiert haben, die Verantwortung tragen.

Kein Gehaltsanspruch

Betrachtet man das Gehalt der PJ-Studierenden, könnte es ebenfalls besser aussehen. PJ-Studierende werden zwar als Ärztinnen und Ärzte eingesetzt, erhalten aber nur einen Bruchteil des Gehalts eines Arztes oder Ärztin. Denn durch den Studierendenstatus besteht kein arbeitsrechtliches Anstellungsverhältnis, sodass es keine Vergütungspflicht gibt. „861 Euro sind wünschenswert, viele Kliniken unterschreiten das“, sagt Gerdes. Wegen der fehlenden rechtlichen Grundlage im PJ als Pflichtpraktikum werden die 861 Euro auch als „Aufwandsentschädigung“ bezeichnet und nicht als Gehalt. Der Hartmannbund als Verband der Ärzte und Ärztinnen Deutschlands fordert schon lange eine bundesweit einheitliche PJ-Vergütung in Höhe des BAföG-Höchstsatzes.

Haftpflichtversicherung ist sinnvoll

Aber was sollten PJ-Studierende nun machen, wenn sie sich bei einer Tätigkeit im PJ unsicher sind oder wissen, dass es sich um einen Graubereich handelt? „Im Zweifel besser einmal mehr nachfragen“, rät Gerdes. Außerdem helfe es als Vorbereitung für das PJ, wenn man sich vor Antritt informiert, was man definitiv darf, was nicht und wo die Graubereiche liegen, bei denen Probleme auftreten können. Außerdem gebe es vom Hartmannbund eine Haftpflichtversicherung, die für PJ-Studierende kostenlos ist. „Im Zweifel greift diese Haftpflichtversicherung, bevor größere Probleme entstehen.“

Quelle: Operation Karriere-Kongress Essen, 30. April 2022, Auf der sicheren Seite? – Die rechtliche Stellung im PJ, Laurin Gerdes, Medizinstudent und Univertreter der Studierenden des Hartmannbundes – Verband der Ärzte Deutschlands, Berlin

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