Nur wer nicht drückt, macht Fehler

privat/DÄV
Wie sicher sind deutsche Bürgerinnen und Bürger, wenn es um Reanimation geht? Leider viel zu unsicher, sagt unser Operation Karriere-Blogger Laurin. Dabei weiß er als Mitarbeiter im Rettungsdienst genau, dass es eigentlich nur einen Grundsatz gibt, den man beachten muss.

Im zweiten Semester meines Studiums las ich auf einer Vorlesungsfolie eine Statistik über die Quote der qualifizierten Ersthelfenden unter den Einwohnerinnen und Einwohnern verschiedenere europäischer Staaten. Ich kann es direkt vorwegnehmen: Die Zahlen für Deutschland waren katastrophal. In unseren skandinavischen Nachbarländern können 7 von 10 Bürgerinnen und Bürgern korrekte Reanimationsmaßnahmen im Rahmen der Ersten Hilfe durchführen. Ehrlicherweise habe ich die genaue Zahl für Deutschland vergessen, ich meine aber, es wäre nicht besser als 2 aus 10 gewesen.

Überlebenswahrscheinlichkeit sinkt ohne Maßnahmen drastisch

Obwohl der einzige Fehler an einer präklinischen Reanimation darin besteht, gar nicht erst mit den entsprechenden Maßnahmen zu beginnen, fürchten sich viele vor einer Wiederbelebung oder haben Angst, Fehler zu begehen. Im Rettungsdienst wurde uns dieser Umstand oft bewusst, wenn wir als Einsatzfahrzeug zu einer Reanimation gerufen wurden. Wenn wir Glück hatten, führte jemand eine Herz-Druck-Massage durch, ganz oft war jedoch nicht einmal das der Fall.

Mit Sicherheit muss niemand, der nicht im Gesundheitsbereich tätig ist, eine perfekte Wiederbelebung durchführen können, dennoch glaube ich, dass wir in Deutschland noch deutlich Luft nach oben haben. Wichtig ist zu wissen, dass bei einer laufenden Reanimation ohne Beatmung pro Minute die Überlebenswahrscheinlichkeit um etwa 10 % abnimmt. Ich muss bei dieser Zahl immer an einen Einsatz denken, bei dem wir zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand gerufen wurden, der in Dorf stattfand, zu dem wir von unserer Rettungswache etwa 15 Minuten anfahren mussten. Addiert man die Zeit vom Sofa in den Rettungswagen und die Zeit am Einsatzort bis zum Antreffen des Patienten noch auf die Fahrzeit, ergibt sich etwa eine Zeitspanne von 20 Minuten. Berücksichtigt man nun die eben genannte Faustregel, so kann man sich eigentlich schon auf der Anfahrt zum Einsatzort ausrechnen, wie hoch die theoretische Überlebenswahrscheinlichkeit des Patienten sein müsste, sofern niemand rechtzeitig mit Reanimationsmaßnahmen beginnt.

Keine Angst vor Fehlern

Eigentlich gilt bei einer Reanimation nur der eine Grundsatz: Am meisten falsch macht man selbst, wenn man nicht mit den entsprechenden Maßnahmen beginnt. Es gibt praktisch keine Fehler, die man bei den entsprechenden Erstmaßnahmen begehen kann. Nachdem eine Patientin oder ein Patient nicht auf Ansprache reagiert und keine Atmung mehr aufweist, kann sofort mit der Herz-Druckmassage in der Mitte des Brustkorbs begonnen werden. Alleine diese Maßnahme ohne Beatmung steigert die jeweilige Überlebenswahrscheinlichkeit schon deutlich. Ist dann noch ein Defibrillator-Gerät zur Hand, kann dieses selbstverständlich auch noch verwendet werden. Ein wesentlicher Vorteil solcher automatischer externer Defibrillatoren (AEDs) ist die Sprachfunktion des Geräts. Die meisten AED-Geräte leiten die Reanimationsmaßnahmen durch eine Lautsprecher-Ansage genau an und erhöhen so die Überlebenswahrscheinlichkeit der Patientinnen und Patienten durch Erstmaßnahmen enorm.

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Wichtig ist, dass man als Laie keine Scheu vor dem Anpacken und Loslegen in einem solchen Fall hat. Im Zweifel sollte immer mit den Reanimationsmaßnahmen begonnen werden, denn das kann Leben retten!

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