Mein Schatz, mein Plan

Operation Karriere-Bloggerin Natalja Ostankov | privat / DÄV
Operation Karriere-Bloggerin Natalja Ostankov hat einen bombensicheren Plan aufgestellt, wie sie ihr Stex-Lernpensum bis April bewältigen kann – ohne dass die Familie zu kurz kommt. Ob das aufgeht? Das schildert sie im Beitrag.

Werde ich mich im April an das erinnern, was ich gerade gelernt habe? Erfahrungsgemäß würde ich sagen: Nein. Doch diesmal ist es anders; muss es anders sein! Sonst geht mein Plan, den ich mühsam ausgetüftelt habe, nicht auf. Der Plan, an dem ich mich festhalte, wie ein Thrombozyt sich im wilden Blutstrom an einer Endothelverletzung festklammert, um das Leck zu stopfen. Der wilde Blutstrom ist meine Umgebung, Kinder, Umzug, alles; die Endothelverletzung, das Leck, sind meine grauen Zellen, durchlässig wie ein Sieb.

Einen Plan habe ich gemacht, und zwar habe ich den berühmten 100 Tage Plan von Amboss elterngerecht umgewandelt. Denn anstatt der vorgesehenen acht Stunden pro Tag inklusive Wochenende habe ich als Mama nur vier und am Wochenende null. Ich könnte mich natürlich auch am Wochenende im Kellerraum verstecken und lernen, doch ist absehbar, dass ich das kein halbes Jahr durchhalte. Dafür ist mir die Familienzeit, die es nur am Wochenende gibt, zu kostbar. Übrigens, ja, ein halbes Jahr! Deswegen kommen Zweifel auf, ob ich mich an das, was ich jetzt lerne, im April noch erinnern werde. Aber anders geht es nicht.

Ich habe mir folgendes ausgerechnet und mehrmals überprüft: Wenn ich Mitte September anfange, vier Stunden pro Arbeitstag und zwei Stunden pro Samstag und Sonntag lerne (ganz ohne Lernen am Wochenende ging es leider nicht auf), abzüglich zwei Wochen Umzug und Eingewöhnung im neuen Kindergarten, zwei Wochen Weihnachtsferien und einer handvoll Feiertage, komme ich hin. Dann schaffe ich die 800 Stunden bis zum 15. April, für den das Stex im Frühjahr 2020 angesetzt ist. Stex erinnert mich an Stix, U-Stix. Oder “Steck’s weg.” Locker stecke ich das weg mit meinem bombensicheren Plan.

Der Plan und die Realität

Manchmal beschleicht mich aber das ungute Gefühl, mich mehr mit dem Plan als mit der Thematik an sich zu beschäftigen. Vor Kurzem zum Beispiel habe ich herausgefunden, dass es nicht darauf ankommt, vier Stunden pro Tag zu lernen, sondern innerhalb einer Woche drei Lerntage abzuschließen. Immer wieder überlege ich, welches Thema ich wann lerne, wann und wie oft ich kreuze… Gut organisiert zu sein, gibt ein gutes Gefühl. Und ein gutes Gefühl wiederum ist Gold wert, wenn man seine gesamte Freizeit vor dem Computer verbringt.

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Und doch, ich komme gut voran. Und ja, ich habe sogar Spaß dabei. Das ganze alte Wissen, das ich in den letzten sieben Jahren angesammelt habe und das dementsprechend verstaubt ist, wird nun wieder zum Leben erweckt.

Es ist natürlich auch stressig, denn dass mir die vier Stunden pro Tag gegeben sind, ist nicht immer gewährleistet. Schon am ersten Tag, als ich mich frisch motiviert gerade an den Computer gesetzt hatte, klingelte das Telefon, ich sprang auf und musste meinen Sohn mit Fieber vom Kindergarten abholen. Tag 1 wurde gestrichen. Um nicht gleich mit Rückstand zu starten, setzte ich mich abends hin, nachdem ich den ganzen Tag mein krankes Kind betüdelt hatte – noch nicht wissend, dass ich in der Nacht, anstatt zu schlafen, einen Pseudo-Krupp zu behandeln hatte. Tag 2 wurde gestrichen. An Tag 3 war mein Kind wieder gesund, doch die 24-Stunden-symptomfrei-Regel des Kindergartens hielt ihn noch daheim. Am Wochenende übernahm mein Mann die nun gesunden Kinder und ich holte alles auf. Chacka, trotz Krankheit hatte ich mich zu Lerntag 3 durchgekämpft und das Wochenziel erreicht. Es geht immer irgendwie.

Und was ist mit Freizeit?

Es gibt auch Vorteile dabei, nur den halben Tag zu lernen. Das Gelernte hat Zeit, sich zu setzen, das Gehirn hat Zeit, sich mit etwas anderem zu beschäftigen. Das Blöde daran: Nicht immer habe ich Lust, in meiner Nicht-Lern-Hälfte des Tages zankende Kinder zu beschwichtigen, Wäsche aufzuhängen, Einkäufe mit zwei alles kaufen wollenden Kindern zu erledigen oder mich in der Küche zu verausgaben. Sport wäre mal schön. Oder einfach nur spazieren gehen. Wann soll ich zum Zahnarzt? Wann zum Friseur? Da mein Mann die Kinder nun öfter als früher übernimmt, will ich sie ihm nicht auch noch auf’s Auge drücken, “nur” damit ich Zeit für mich habe.

Gas geben, ein paar Lernsitzungen abends reinhauen und mir so einen Vormittag zum entspannen freischaufeln, das wäre eine Möglichkeit. Aber Lernen ist unendlich. Man kann immer noch ein bisschen mehr hier machen und das noch einmal wiederholen. Und wenn ich dann meinem Plan ein bisschen voraus bin, kommt was anderes dazwischen. Tja, wenn ich so gut in der Zeit bin, dann kann ich das Wochenende ja nur der Familie widmen! Und batz, bin ich am Montag wieder kein Stück voraus und muss wieder Gas geben, obwohl ich mir nicht einmal meinen freien Vormittag genommen habe.

Ich sollte es vielleicht anders herum machen: Mir erst einmal einen freien Vormittag nehmen und dann Gas geben. First come, first serve.

Übrigens gratuliere ich allen, die das Examen gerade im Oktober hinter sich gebracht haben und drücke die Daumen für ein zufriedenstellendes Ergebnis!

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