Topfit in die mündliche Prüfung M3: Vorbereitung – das A und O

Operation Karriere-Bloggerin Natalja Ostankov | privat / DÄV
Operation Karriere-Bloggerin Natalja Ostankov ist derzeit im PJ, hat aber auch schon die nächste Prüfung im Blick. Zur Vorbereitung hat sie am 24. Februar an dem Online-Workshop "Topfit in die mündliche Prüfung M3" mit Rene Carolus teilgenommen. Wie es ihr gefallen hat, schildert sie im Beitrag.

Der Workshop “Topfit in die mündliche Prüfung M3″ findet diesmal, wie so vieles in diesem Jahr, online statt. Ich habe letzte Woche teilgenommen und empfehle ihn ALLEN.

Gerade online finde ich vorteilhaft, man muss sich nicht einmal aus seiner Wohnung schälen und (wenn noch nicht geschehen) nicht mal Zähne putzen. Wer Kinder hat, kann denen einen Film anschalten oder sie dem zweiten Elternteil überlassen. Computer an und los geht’s.

Um zu begreifen, warum der Workshop so wertvoll ist, muss man sich folgendes vor Augen führen: Jahrelang haben wir Faktenwissen gebüffelt, und im Laufe des Studiums haben wir unser Wissen regelmäßig unter Beweis gestellt. Die M2, die größte aller schriftlichen Prüfungen des Medizinstudiums, haben wir schon bestanden. Uns Studenten noch ein finales Mal mit Detailwissen zu quälen, aber diesmal, als Krönung des Prüfungsmarathons, Auge in Auge – nein, darum geht es in der mündlichen Prüfung nicht. Um was es aber geht, das erklärt der Referent Rene Carolus im Workshop. Und da uns nicht einer unserer Dozenten das erzählt, geschweige denn uns darauf vorbereitet hat, ist dieser Workshop Gold wert.

Nach einem kurzen Abriss darüber, wie die mündliche Prüfung abläuft, geht der Referent Rene Carolus auf das ein, was er als das wichtigste in der Prüfung bezeichnet: Das souveräne Auftreten. Doch erst einmal zum Ablauf.

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Der Ablauf

Die mündliche Prüfung ist klassischerweise auf 2 Tage aufgeteilt, aufgrund der Pandemie könnte sie aber auch an nur einem Tag ablaufen. Am ersten Tag bekommt jeder Student einen Patienten, den er befragen und untersuchen soll. Dann soll jeder Prüfling einen sogenannten Patientenuntersuchungsbericht (PUB) schreiben. Dafür hat jeder drei Stunden Zeit. Klingt doch gar nicht so schwer: Im PJ und in den vielen Untersuchungskursen in der Uni hatten wir doch genügend Gelegenheit, das zu üben.

Dieser PUB sollte ähnlich aufgebaut sein wie ein Arztbrief, mit einem entscheidenden Unterschied: Im Patientenuntersuchungbericht sollen und müssen Wertungen aufgeführt werden, sprich: Warum hat der Prüfling welche Untersuchung durchgeführt? Die Gedankengänge sollten nachvollziehbar sein.

Der PUB enthält Anamnese, Befundung apparativer Untersuchungen, Differentialdiagnosen, diagnostisches und therapeutisches Procedere, Prognose, und zu guter letzt eine Epikrise, in der der Fall zusammengefasst wird.

Bei amboss.com gibt es eine Vorlage für den PUB, an der man sich orientieren kann, aber aufgepasst: Nicht gut kommt es an, wenn man diese Vorlage auswendig lernt und stur abstottert, denn die Prüfer wollen vor allem eigenständiges Denken sehen.

Nach einer Pause dann wird am selben Tag noch am Patientenbett geprüft. Hier kommt es ganz auf den Prüfer an, was er für Fragen stellt, und was der Prüfling zeigen soll. Meistens geht es aber darum, zu zeigen, was der Prüfling an Untersuchungstechniken drauf hat und wie er mit dem Patienten kommuniziert. Herr Carolus betont: Wichtig ist es, dem Patienten zugewandt und ihm gegenüber empathisch zu sein. Fachsimpeln kommt nicht gut an. Klar will man den Prüfern vorführen, was man für Fachbegriffe drauf hat, aber das sollte man sich für die direkte Kommunikation mit dem Prüfer aufbewahren. Der Wechsel zwischen dem empathischen, verständlichen Patientengespräch und dem fachkundigen Gespräch “unter Kollegen” kommt besonders gut an.

Am zweiten Tag sitzen alle Prüflinge und Prüfer in einem Raum und es wird “ausgefragt”. Jeder Prüfling hat 11-15 min Zeit pro Prüfer. Danach werden die Prüflinge rausgeschickt und die Prüfer machen sich an die Benotung.

So viel zum Ablauf – worauf kommt’s denn nun an?

Vor dem Workshop war ich, die nie in Lerngruppen gelernt hat, der Ansicht, dass ich schon irgendwie durchkomme, wenn ich die schön vorgefertigten Themen bei Amboss vor der Prüfung durchackere und gut drauf habe. Ein Treffen mit meiner Prüfungsgruppe? Sehr aufwendig, zumal ich ja nicht mehr in München wohne. Einmal wäre vielleicht drinnen, aber das muss ja dann reichen. Auch hatte ich gehört, dass man sich wie beim Physikum vorher mit den Prüfern treffen kann, dazu würde ich mich auch noch breitschlagen lassen. Aber dann ist gut! Ich habe ja noch ein anderes Leben neben dem Studium…

Doch Herr Carolus hat mich eines anderen überzeugt. Er macht zu Beginn seines Vortrags klar, wie wichtig das Selbstbewusstsein für eine mündliche Prüfung ist. Mich hat es ein bisschen an den Tip eines Bekannten zu Bewerbungsgesprächen erinnert: “Bevor du zu deiner Wunschfirma gehst, mach 4 oder 5 Bewerbungsgespräche bei Firmen aus, bei denen es dir nicht so wichtig ist, genommen zu werden. Einfach zum Üben, für ein selbstbewusstes Auftreten.”

Dieses Selbstbewusstsein kann und muss man üben. Wenn man im Vorfeld die mündliche Prüfung schon zig mal durchgespielt hat, wird man sich da drin wohl fühlen und auf alles vorbereitet sein. Und Vorbereitung killt Nervosität. Klar gibt es unter uns bestimmt ein paar Meister der Improvisation, doch das sind eher die Ausnahmen.

Was genau üben?

Zunächst betont Herr Carolus, dass das Vortreffen mit den Prüfern sehr wichtig ist. Hier werden Details ausgemacht, wie der genaue Treffpunkt, und ob der PUB per Hand oder mit Computer geschrieben werden soll. Aber es ist auch eine Gelegenheit, die Prüfer ein wenig kennen zu lernen und einschätzen zu können. Außerdem können die Studenten selbst auch schon mal versuchen, Eindruck zu schinden (ohne zu schleimen oder angeberisch zu wirken).

Dann geht es natürlich um die Skills, die man als Arzt können muss, wie Anamnese und Körperliche Untersuchung, das also schon im Studium und PJ so oft wie irgend möglich üben!

Weiterhin erklärt der Referent einige weitere Softskills, unter anderem: Auftreten, Rhetorik und wie mit Nichtwissen umgehen.

Gegenfragen beispielsweise sind im Großteil der Fälle unerwünscht. Fordert der Prüfer seinen Prüfling auf, die Patientin hinsichtlich einer Venenthrombose zu untersuchen, sollte dieser nicht fragen: “Meinen Sie jetzt, dass ich nur das Bein untersuche oder die komplette Untersuchung durchführe?” Geschickt ist es, sich “laut denkend” einen Plan zurechtzulegen, als Vorschlag für eine Vorgehensweise. Dann weiß der Prüfer, was man vorhat und kann ja oder nein dazu sagen. Meist sagt er dann ja, weil er sich über die Eigeninitiative freut. Und der Prüfling konnte sich im Endeffekt seine Aufgabe im Detail “selbst aussuchen”.

Das Worst-Case-Szenario

Auch das Worst-Case-Szenario mehrmals vorher durchzuspielen, ist wichtig. Im Konkreten heißt das Worst-Case-Szenario: Nichtwissen. Hier gibt es ein “Eskalationsschema”. Auf der ersten Stufe steht die Gegenfrage, die hier mehr als erlaubt ist, weil sie einem Zeit verschafft und dem Prüfer den aktiven Part zu spielt. Bringt das nichts, kann man sich herantasten, indem man um Hinweise oder Tipps bittet. Hilft auch das nicht, gibt es den sogenannten professionellen Themenwechsel, der schwer ist und gut geübt sein will. Mir fällt als Beispiel ein Witz ein: Ein Schüler wird im Biologie-Unterricht über den Elefant ausgefragt, über den er nichts weiß. Er antwortet: “Der Elefant ist groß, grau und hat einen langen Rüssel. Dieser Rüssel ähnelt einem Regenwurm, der Regenwurm ist ein kleines Tier, das…” Nun kann er sein ganzes Wissen über den Regenwurm vorstellen.

Als letzte Stufe der Eskalation steht die Ehrlichkeit. Ehrlich zugeben, dass man den Begriff nicht kennt, kommt besser an, als zu raten. Egal, welche Strategie, man sollte vermeiden, zu lange bei dem Thema zu bleiben, zu dem man nichts weiß. Denn die Zeit vergeht und man sollte zusehen, so viel wie  möglich über Themen zu sprechen, in denen man glänzen kann.

Geübt wird am besten in der Gruppe, die auch zusammen Prüfung hat. Man braucht mindestens drei Rollen, nämlich einen Prüfer, einen Beisitzer und einen Prüfling. Der Beisitzer passt gut auf und gibt am Ende das Feedback für den Prüfling. Es kann sogar so weit gehen, dass das Üben zum Spiel wird, und man Spaß dabei hat, sich in verschiedenen Rollen auszuprobieren.

80 Prozent Beschreibung, 20 Prozent Interpretation

Am Tag zwei werden fast immer Röntgen- oder Sonographiebilder gezeigt. Hier gilt die goldene Regel: 80 Prozent Beschreibung, 20 Prozent Interpretation. Der Prüfling soll sich nicht sofort auf die offensichtliche Verschattung im Mittellappen der Lunge stürzen, denn dann ist die Sache erledigt und er konnte gar nicht zeigen, was er noch so alles weiß. Man sollte viel wie möglich beschreiben von dem, was man sieht und so die Gelegenheit nutzen, all sein Wissen preis zu geben.

Auch beliebt im Gespräch an Tag Zwei ist: Der Prüfling bekommt ein klinisches Zeichen oder Symptom oder ein Laborbefund an den Kopf geworfen und soll nun alle möglichen Diagnosen, Differentialdiagnosen oder Untersuchungstechniken herleiten. Da wir jahrelang im multiple-choice Modus waren, tun wir Medizinstudenten uns da manchmal schwer. Als Lösung legt uns Herr Carolus wärmstens ans Herz: Im Rahmen der Vorbereitung Mind Maps zu erstellen. So lernt man, von allen möglichen Seiten auf sein Wissen zuzugreifen.

Das sind alle Tips, die mir persönlich als wichtigste hängen geblieben sind. Macht euch ein eigenes Bild, der Workshop wird diese Woche noch ein Mal stattfinden!

 

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