Jeder hat seine eigenen Qualitätskriterien für den zukünftigen Arbeitgeber. Manchen ist eine kurze Wegstrecke wichtig, anderen die Ausstattung des Hauses, wieder andere legen auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einen besonderen Wert. Um abzuklären, ob ein Klinikum sich mit den eigenen Erwartungen deckt, schaut man sich die Klinikwebsite an, man hört sich im Kollegenkreis über den Ruf des Hauses um und verschafft sich beim Vorstellungsgespräch einen Einblick.
Aber erfährt man über diese Kanäle auch, ob man als leitende Ärztin oder als leitender Arzt Prämien gezahlt bekommt? Welche Spezialisierungen die zukünftigen Kolleginnen und Kollegen haben und ob man ausreichend Patientinnen und Patienten des eigenen Spezialgebiets behandeln wird? Nicht unbedingt. Wer sich für diese Fragen interessiert, dem steht aber ein großer Datenschatz zur Verfügung: die Qualitätsberichte der Krankenhäuser.
Qualitätsberichte geben Einblicke
Jedes Jahr müssen alle Kliniken in Deutschland einen Qualitätsbericht über ihre Arbeit bei der zuständigen Landesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung einsenden. Ausgenommen sind private Häuser, die keinen Versorgungsvertrag mit einer Krankenkasse abgeschlossen haben. Hier handelt sich aber nur um eine wenige, meist orthopädische, private Fachkliniken. Über die allermeisten Kliniken liegen viele Daten vor.
Ein Beispiel: Angenommen, die Gynäkologin Sandra Keupert, die sich besonders für die Behandlung des Mammakarzinoms interessiert, sucht bei Ärztestellen nach Jobs. Im Bereich Gynäkologie und Geburtshilfe sind verschiedene Stellen als Oberärztin ausgeschrieben. Sie sieht: Das Helios Amper-Klinikum Dachau sucht eine leitende Oberärztin in der Gynäkologie. Die Stellenausschreibung klingt für Sandra Keupert interessant, weil sie in München wohnt und schon länger über einen Umzug ins Umland nachdenkt. Sie checkt die Website des Hauses und ist grundsätzlich an einer Bewerbung interessiert.
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Jetzt ist der Zeitpunkt für eine kleine Hintergrundrecherche zum Helios Klinikum Dachau gekommen. Sie ruft die Referenzdatenbank des Gemeinsamen Bundesauschuss auf, über die sie kostenfrei Zugriff auf alle Qualitätsberichte erhält. Sie gibt in das Suchfeld die Postleitzahl der Helios Klinik Dachau ein (85221) und bekommt für alle Kliniken mit dieser PLZ die Referenzberichte angezeigt.
Zahlt das Klinikum Prämien?
Sie lädt sich die Referenzberichte der Klinik als PDF herunter. Wenn sie über die Suchfunktion nun ihre potenzielle, zukünftige Abteilung sucht (Gynäkologie und Geburtshilfe), springt sie im PDF direkt an die richtige Stelle. So kann sie zum Beispiel sehen, ob es Zielvereinbarungen mit leitenden Ärztinnen und Ärzten gibt, ob ihr also Prämien gezahlt werden würden. Dies ist bei dem Helios Klinikum Dachau der Fall.
Auch sieht sie, dass in der in der Gynäkologie Ärztinnen und Ärzte beschäftigt sind, die eine Arbeitszeit von 15,2 Vollzeitkräften abbilden. Allerdings sind von diesen Ärzten nur wenige fest angestellt. Denn laut Qualitätsbericht haben nur 3,8 Ärztinnen und Ärzte ein direktes Beschäftigungsverhältnis. Diese potenziell neuen Kolleginnen und Kollegen von Sandra Keupert bringen verschiedene Zusatzweiterbildungen mit, wie zum Beispiel Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin oder Gynäkologische Onkologie. Letztere Zusatzweiterbildung ist für Keupert mit ihrem großem Interesse für die Therapie von Brustkrebs besonders interessant.
Aber wie viele der Patientinnen leiden an einem Mammakarzinom, auf dessen Therapie Sandra Keupert ja einen therapeutischen Schwerpunkt legt? Um das zu erfahren, bemüht sie eine Suchmaschine, die viele Daten der Qualitätsberichte ausliest und übersichtlich zusammenfasst: die weisse Liste der Bertelsmannstiftung.
Dort sucht sie nach “Brustkrebs in Dachau” und bekommt in der Ergebnisliste angezeigt, dass im Jahr 147 Patientinnen mit Brustkrebs im Helios Amper-Klinikum Dachau behandelt werden. Sie kann sich also sicher sein, dass sie sich nach einer Einstellung am Klinikum ausreichend mit ihrem Spezialgebiet beschäftigen kann.
Patienten sind unzufrieden
In der Weissen Liste wird auch die Patientenzufriedenheit dargestellt. Diese ergibt sich aus einer Befragung der AOK, der BARMER Ersatzkasse und der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) in Zusammenarbeit mit der „Weissen Liste“. Jedes Jahr werden rund eine halbe Millionen Versicherte zu ihrem Krankenhausaufenthalt befragt. Hier schneidet die Dachauer Klinik nicht gut ab. Sowohl die pflegerische Betreuung als auch die ärztliche Betreuung bewerten die Befragten unterdurchschnittlich. Bei einem Hospitationstag könnte Sandra Keupert mit diesem Wissen im Hinterkopf schauen, wie es zu der schlechten Bewertung der Patienten kommt, die als subjektive Einschätzung nicht zwangsläufig die medizinische Qualität betreffen muss.
Dank des Qualitätsberichts hat Sandra Keupert in nicht einmal zehn Minuten sehr viele Daten und Fakten zu dem Helios Klinikum Dachau einsehen können und kann nun weitere Entscheidungen treffen.