Die ärztliche Schweigepflicht

Die ärztliche Schweigepflicht ist oftmals eine Abwägungssache. © DDRockstar/Fotolia
Wann gilt die Schweigepflicht nicht? Manche Informationen sollen, andere müssen sogar weitergegeben werden.

Die ärztliche Schweigepflicht ist im Strafgesetzbuch (§ 203) und in den Berufsordnungen der Landesärztekammern (§ 9) geregelt. Sie sieht vor, dass Ärztinnen und Ärzte ihnen anvertraute Geheimnisse nicht unbefugt an Dritte weitergeben dürfen. Unter „Dritte“ können prinzipiell alle Personen verstanden werden, also auch Kolleginnen und Kollegen, Ehepartner oder Polizeibeamte. Die Geheimhaltungspflicht besteht über den Tod des Patienten hinaus und gilt auch für scheinbar triviale Tatsachen, wie zum Beispiel, dass der Patient behandelt wurde.

Wann dürfen Informationen weitergegeben werden

Wenn eine ausdrückliche Einwilligung des Patienten vorliegt, dürfen Informationen weitergeben werden. Als Arzt sollte man hier genau abwägen, ab wann man dem Wunsch des Patienten nachkommt. So fordert zum Beispiel das Prüfungsamt der Uni Freiburg bei Studierenden, die sich für eine Prüfung krankschreiben lassen, umfangreiche Informationen. Manchen Ärztinnen und Ärzten ging die Forderung aus Schutz für ihre Patienten zu weit und sie verwehrten sich der Informationsweitergabe.

Wann sollen Informationen weitergegeben werden

Nicht rechtlich bindend, aber sinnvoll ist die Informationsweitergabe, wenn man davon ausgehen kann, dass der Patient einwilligen würde. Dies ist z.B. der Fall:

  • Wenn Informationen über einen bewusstlosen Patienten übermittelt werden müssen, die für die Weiterbehandlung notwendig sind.
  • Wenn man die Krankenunterlagen bei Schichtwechsel den weiterbehandelnden Kollegen übergibt/den Arztbrief verschickt.
  • Wenn man von einem Patienten beschuldigt wird, einen Fehler begangen zu haben, und dieser durch die Patientendokumentation widerlegt werden kann.

Wann müssen Informationen weitergegeben werden

In einigen Fällen ist der behandelnde Arzt per Gesetz zur Offenbarung verpflichtet. In diesem Fall besitzt er eine Offenbarungsbefugnis und muss den Patient nicht darüber informieren, welche Informationen er weitergegeben hat. An folgende Stellen müssen Daten weitergegeben werden:

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  • Kassenärztliche Vereinigung (zur Abrechnung)
  • Gesetzliche Krankenkasse (zur Abrechnung)
  • Berufsgenossenschaften (z.B. bei Unfall)
  • Geburten (Meldepflicht)
  • Wenn der Patient dem Arzt anvertraut, eine Straftat zu begehen (Offenbarungspflicht aufgrund Gefahrenabwehr)
  • Wenn der Verdacht auf Kindesmisshandlung vorliegt (Garantenpflicht).

Bei dem letztgenannten Beispiel greift die Garantenpflicht des Arztes. Sie besagt, dass der Arzt  oder die Ärztin verpflichtet ist, einen möglichen Schaden von seinen Patienten abzuhalten und dementsprechend zu handeln. Es ist seine Verpflichtung, Straftaten wie Körperverletzung zu verhindern. Handelt er hier nachlässig, kann er unter Umständen ebenfalls strafrechtlich verfolgt werden.

Im stressigen Klinikalltag ist es nicht immer möglich, sich strikt an die Gesetzesvorschriften zu halten. Oft muss spontan entschieden werden, wem was gesagt wird. Wenn beispielsweise eine ältere Dame auf der Intensivstation liegt und die besorgte, erwachsene Tochter hinzukommt, dürfte man sie eigentlich nicht ohne Einwilligung der Patientin informieren. Aber will man das in einer solchen Situation? Es empfiehlt sich bei derartigen strittigen Situationen, den Oberarzt oder die Oberärztin zu konsultieren. Noch besser ist es natürlich, sich bei dem Patienten die Erlaubnis einzuholen.

Seit Mai 2018 gilt die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie gibt vor, dass Patienten über die Verarbeitung ihrer Daten informiert werden. Wenn Patienten sich erstmals bei einem Arzt vorstellen oder in einer Klinik behandelt werden, erhalten sie nun ein Datenschutz- und Einwilligungserklärung, die bei (freiwilliger) Unterschrift den Ärzten und Ärztinnen das Recht gibt, für die Behandlung relevante Informationen an den Hausarzt oder den Facharzt weiterzugeben.

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