Zusammen mit Kooperationspartnern hat die Uniklinik des Saarlandes eine virtuelle Umgebung entwickelt, um Patienten mit Angst vor Spinnen zu therapieren. Das läuft dann so ab, dass die Patienten sich mit den haarigen Achtbeinern in einem Raum befinden, die ihnen immer näher kommen. Sogar das Einfangen mit einem Glas oder das Anstubsen des Krabbeltiers in der virtuellen Realität kann eingeübt werden. Ärzte messen dabei das EKG des Phobikers und überwachen die Atmung, um bei großem emotionalen Stress eingreifen zu können.
International wurde bereits viel mit Virtual Reality zur Schmerzlinderung bei Opfern von Brandwunden experimentiert. VR soll vom Schmerz ablenken und Ängste abbauen, so dass weniger Schmerzmittel verabreicht werden müssen. Im Christlichen Krankenhaus Quakenbrück wird VR ebenfalls zur Schmerzlinderung eingesetzt. Patienten mit chronischen Rückenschmerzen führen in einem virtuellen Haus verschiedene Übungen zur Verbesserung der Beweglichkeit aus: Einmal strecken sie sich, dann hocken sie sich hin. Durch die virtuellen Reize soll die Konzentration der Patienten vom Schmerz auf die Umgebung gelenkt werden, so die Idee hinter dem Einsatz.
Die Anatomie ist im Medizinstudium als lernintensives Fach bekannt. Im VR-Lab der Uni Ulm können Medizinstudenten das Herz und den Darm virtuell erkunden. So ist später zum Beispiel die genauere Analyse von Ultraschallbildern des Herzens möglich, weiß Dr. Wolfgang Öchsner, Oberarzt in der Abteilung Kardioanästhesiologie der Uniklinik Ulm, der das Projekt betreut.
Nicht jeder möchte nach dem Studium direkt in eine Facharztweiterbildung starten. Ein humanitärer Auslandeinsatz kann eine Alternative sein. Die Hilfsorganisation “Ärzte ohne Grenzen” hat verschiedene VR-Projekte realisiert, die einen Einblick geben. So konnte man im Rahmen der Ausstellung “Hilfe aus nächster Nähe” vor einigen Jahren virtuell nach Tansania oder den Libanon reisen. Wie fühlt es sich an, wenn man in einem Klinikum beschossen wird? Auch dieses Worstcase-Szenario können Ärzte zur Vorbereitung auf ihren Auslandseinsatz mit VR durchleben.
Weil ihr Vater an Demenz erkrankte, entwickelte die Game-Designerin Beate Sucrow zusammen mit ihren Kollegen eine VR-Umgebung, in der sich ihr Vater wohl fühlt: Die Krefelder Kreuzung Rheinstraße/Ostwall ist auch dank der Mithilfe vieler Krefelder Zeitzeugen entstanden. Denn in der virtuellen Umgebung werden die von Sucrows Vater so geliebten 1950er Jahre abgebildet. Auch andere Patienten, die ihre Jugend im Krefeld der 1950er erlebt haben, profitieren von dem Projekt. Dr. Friedhelm Caspers (im Bild rechts), Chefarzt der Klinik für Akutgeriatrie und Frührehabilitation am Helios Cäcilien-Hospital Hüls, freut sich über die Kooperation. Gerade das Langzeitgedächtnis könnte leichter durch vertraute visuelle Reize stimuliert werden, so Caspers.