In einem älteren Blogartikel bin ich bereits auf das Thema „Schichtarbeit“ im Gesundheitswesen eingegangen. Seit meiner Tätigkeit im Rahmen meines Bundesfreiwilligendienstes ist einige Zeit vergangen. Rückblickend kann ich nun einige Parallelen und Unterschiede zwischen der Schichtarbeit in der notfallmedizinischen Versorgung und der regelmäßigen Arbeitszeit in der Klinik ziehen.
Die Schichtarbeit im Rettungsdienst ist mehr als nur unregelmäßige Arbeitszeiten. Häufig beeinflusst sie das gesamte Leben der Mitarbeitenden und stellt uns vor Herausforderungen, die weit über das Berufliche hinausgehen.
Lehren aus der Schichtarbeit
Zu Beginn meiner Karriere im Rettungsdienst war ich fasziniert von der Dynamik und dem Adrenalin, das mit dem Job einherging. Die Möglichkeit, zu unterschiedlichen Zeiten zu arbeiten, schien zunächst spannend und abwechslungsreich. Ich erkannte jedoch schnell, dass die Schichtarbeit meinen Alltag grundlegend verändern würde. Die wechselnden Arbeitszeiten, von Früh- bis Nachtschichten, hatten einen erheblichen Einfluss auf soziale Beziehungen und die Work-Life-Balance. Besonders herausfordernd waren die Nachtschichten. Nach einer langen Nacht zurückzukommen und den Rhythmus des normalen Lebens anzupassen, war oft schwierig. Es beeinträchtigte nicht nur meinen Schlaf, sondern auch meine Fähigkeit, Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen. Ich fand mich oft isoliert von sozialen Aktivitäten, da mein Zeitplan selten mit dem der anderen übereinstimmte. Fairerweise muss ich auch sagen, dass ich damals knapp 18 Jahre alt war und die eine oder andere Nachtschicht sicher besser weggesteckt habe als heute. Ich lernte, diese Herausforderungen als Gelegenheit zur persönlichen Entwicklung zu sehen. Die Schichtarbeit lehrte mich Disziplin und das effektive Management meiner Zeit. Ich begann, meine Freizeit wertzuschätzen und lernte, wie wichtig es ist, bewusste Pausen einzulegen und auf meine Gesundheit zu achten. Sport und Meditation wurden wesentliche Bestandteile meines Lebens, um Stress abzubauen und einen klaren Kopf zu bewahren.
Ein weiterer wichtiger Aspekt war generell das Erlernen von Flexibilität und Resilienz. Die Unvorhersehbarkeit der Schichtarbeit zwang mich, mich schnell an veränderte Umstände anzupassen, sei es in Bezug auf Schlafmuster, Mahlzeiten oder soziale Interaktionen. Diese Flexibilität hat sich nicht nur im Berufsleben, sondern auch im Privatleben als wertvoll erwiesen. Die Unterstützung durch Kollegen, die ähnliche Herausforderungen erlebten, war ebenfalls von unschätzbarem Wert. Wir tauschten Tipps aus, wie man mit den Anforderungen der Schichtarbeit am besten umgeht, und boten einander emotionale Unterstützung.
Rückblickend war die Schichtarbeit im Rettungsdienst besonders intensiv und anspruchsvoll. Sicher gibt es einige Vorteile dieser Schichtarbeit, wie zum Beispiel in der enormen Vielfalt der Einsätze und der Möglichkeit, in kritischen Situationen einen direkten, oft lebensrettenden Einfluss zu nehmen. Die Zusammenarbeit im Team und die enge Bindung, die sich durch gemeinsam bewältigte Herausforderungen bildet, sind ebenfalls positive Aspekte, die ich bewusst nicht ausklammern möchte. Im Gegensatz dazu bietet die Schichtarbeit in der Klinik zwar auch Unvorhersehbarkeiten, jedoch in einem geregelteren und vorhersehbareren Rahmen. Die Arbeitsbelastung ist zwar ebenfalls hoch, aber die Vielfalt der medizinischen Fälle und die Möglichkeit zur Spezialisierung bieten andere Formen der beruflichen Tätigkeit. Die Klinikarbeit ermöglicht zudem häufiger einen regelmäßigeren Kontakt mit Patienten und deren Behandlungsverläufen. Während ich nur ganz selten die Diagnose eines notfallmäßig versorgten Patienten erfuhr, bleibt in der Klinik mehr Zeit für die langfristigere Betreuung. Sicherlich kann sich ein Dienst in der zentralen Notaufnahme auch anspruchsvoll gestalten, im Gegensatz zur „freien Wildbahn“ im Rettungsdienst, bietet das Klinikumfeld jedoch viel mehr Unterstützung durch zusätzliches Personal und ein strukturierteres Umfeld. Oft fühlte man sich in den Wohnungen und Notfallumgebungen im Rettungsdienst zumindest ein Stück hilflos und hätte sich gerne das eine oder andere medizinische Gerät zur Bildgebung oder eine Laboruntersuchung gewünscht. Ich bin der Meinung, dass sich hierbei die Schichtarbeit im Rettungsdienst doch ein gutes Stück von der Arbeit in der Klinik unterscheidet.
Anstrengend, aber wertvoll
Ein wesentlicher Nachteil der Schichtarbeit in beiden Bereichen ist sicherlich die erwähnte Beeinträchtigung des sozialen Lebens und der Work-Life-Balance. Meine ganz persönliche Erfahrung zeigt, dass die Schichtarbeit im Rettungsdienst durch die unmittelbare Konfrontation mit extremen Notfällen und die physischen Anforderungen des Einsatzes unter Umständen belastender sein kann. Die Arbeit in der Klinik hingegen erlaubt es, langfristigere Beziehungen zu Patienten aufzubauen und komplexe medizinische Fälle zu verfolgen, was ebenfalls sehr erfüllend sein kann. Aus meiner Sicht erfordern beide Arbeitsumfelder eine starke berufliche Hingabe und die Fähigkeit, unter Druck zu arbeiten. Wichtig ist, dass jeder, der in diesen Bereichen arbeitet, Strategien entwickelt, um mit den Herausforderungen der Schichtarbeit umzugehen, und dass sowohl die Rettungsdienste als auch die Kliniken Unterstützungssysteme anbieten, um das Wohlbefinden ihres Personals zu fördern.
Abschließend kann ich sagen, dass die Schichtarbeit mit Sicherheit fordernd ist, aber auch wirklich wertvolle Lektionen bietet. Sie lehrt uns, unsere Grenzen zu erkennen, Prioritäten zu setzen und einen gesunden Lebensstil zu pflegen. Für diejenigen, die neu in der Schichtarbeit sind oder Schwierigkeiten damit haben, würde ich raten, sich Zeit für Selbstfürsorge zu nehmen, Unterstützungsnetzwerke zu nutzen und sich daran zu erinnern, dass Flexibilität und Anpassungsfähigkeit Schlüsselkompetenzen sind, die man im Laufe der Zeit entwickelt.