Als junger Kerl, der zwölf Jahre geregelte Schulzeit hinter sich hat, bin ich zu Beginn meines Bundesfreiwilligendienstes (BFD) über die etwas abwechslungsreichere Schichtarbeit eigentlich ganz aufgeschlossen. Mit der Zeit beginne ich jedoch wahrzunehmen, was es bedeutet, ein ganzes Dienstleben lang in einem Schichtbetrieb zu arbeiten.
Im Vergleich zu den hauptamtlich Angestellten arbeiteten wir BFDler in einem azyklischen Schichtsystem im Rettungsdienst mit und halfen hin und wieder auch mit Diensten aus, wenn es die Personalsituation erforderte. Meistens begann die Woche montags mit einem Frühdienst, was zwar frühes Aufstehen erforderte, jedoch nach ein paar Wochen kein allzu großes Problem für mich darstellte. Da ich mich während meiner BFD-Zeit parallel auf den Test für Medizinische Studiengänge (kurz TMS) vorbereitete, war ich mit den freien Nachmittagen ganz zufrieden und nutzte diese häufig zum Lernen. Zwar konnte ich in ruhigeren Phasen auf der Rettungswache auch immer wieder am Schreibtisch sitzen, jedoch war die Vorbereitung auf Konzentrationsaufgaben aufgrund der raschen Unterbrechung durch einen Einsatz nicht besonders effektiv.
Beeinträchtigung des Privatlebens
Zusätzlich zu meiner Einarbeitungszeit zu Beginn des BFDs durchlief ich einige anfängliche Einweisungen und Workshops, die natürlich vorzugsweise während der „normalen“ Arbeitszeit stattfanden. Nachdem ich jedoch alle Unterweisungen, Pflege- und Wachpraktika hinter mich gebracht hatte, änderte sich auch der Rhythmus meines Dienstplans. Früh- und Spätdienste wechselten sich ab und natürlich arbeitete ich auch immer wieder im Nachtdienst. Als besonders eindrücklich empfand ich damals diesen umgestellten Tagesrhythmus, als ich bemerkte, wie wenig Zeit ich plötzlich noch mit meiner Familie verbringen konnte. Hatte ich beispielsweise eine Woche Spätschichten, startete ich gegen 14:00 Uhr und verließ mein Elternhaus, bevor meine Eltern oder Geschwister von Arbeit und Schule nach Hause gekommen waren. Nach Schichtende folgte im Normalfall eine kurze Übergabe an das Team der Nachtschicht. Wenn wir keine Überstunden fuhren, kam ich meistens gegen kurz vor 23:00 Uhr nach Hause und „verpasste“ somit wieder meine Familie, die häufig schon ins Bett gegangen war.
Rückblickend muss ich ehrlich sagen, dass mich dieser Umstand als 18-jähriger und frisch gebackener Abiturient gar nicht so sehr störte. Heute sehe ich dies tatsächlich etwas anders und kann mir gut vorstellen, wie komisch es sich anfühlen muss, beispielsweise als Familienvater regelmäßig im Schichtdienst tätig zu sein. Man muss schließlich ehrlich zu sich selbst sein und sich im Hinblick auf die Schichtarbeit eingestehen, dass diese mit einer erheblichen und nicht zu unterschätzenden Beeinträchtigung des Sozial- und Privatlebens einhergeht.
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Für das Wohl anderer
Als ich frisch auf der Rettungswache tätig wurde, bekämpfte ich meine post-Nachtschicht-Müdigkeit häufig mit einer Tasse Kaffee und Sport. Schon jetzt muss ich mir eingestehen, dass dieser Lebensstil mit Sicherheit nicht auf Dauer tragbar sein wird, beziehungsweise mit einer steigenden Dauer an Pausen oder freien Tagen einhergehen muss.
Abschließend muss ich meinen Hut vor allen Kolleginnen und Kollegen ziehen, die tagtäglich und ein Leben lang im Schichtdienst tätig sind und ihr Privatleben und vor allem ihre Freizeit für das Wohl anderer zurückstellen. Im klinischen Abschnitt meines Studiums wird mir dieser Aspekt meiner Arbeit ebenfalls deutlich bewusst und man beginnt zwangsläufig, sich Gedanken darüber zu machen. Trotz allem steht der Spaß und die vielen kleinen Erfolgserlebnisse der Arbeit im Vordergrund und verhelfen einem immer wieder, über so manches Manko der Schichtarbeit hinwegzusehen.