Schneller als erwartet beginnt das Studium und ich stehe mit meinem überschaubaren Hab und Gut aus meinem Kinderzimmer in meiner neuen Studienstadt. Ziemlich kurzfristig bekomme ich ein kleines Zimmer in einer WG im Studentenwohnheim direkt neben der Uni auf dem Campus. Nicht besonders schön, aber ganz praktisch und für den Anfang perfekt. Nach einem Monat und einer kleiner Eingewöhnungszeit finde ich aber eine neue Wohnung und ziehe erneut um. Neben den wöchentlichen Erstsemesterparties läuft auch das erste Semester so langsam aber sicher an und die erste Prüfung steht schneller vor der Türe, als ich erwartet hatte. Höhere Mathematik für Ingenieure müssen auch die Medizintechniker und -technikerinnen meistern.
In der Schule fiel mir Mathematik immer leicht, weswegen ich die Vorbereitung eher entspannt angehe. In den Vorlesungen merke ich eigentlich, dass Mathematik an der Uni schon ein bisschen anders ist als in der Schule, trotzdem investiere ich meine Zeit lieber in den Kontakt zu meinen neuen Freunden. Durch meine erste Hochschulprüfung falle ich dann (wie 86 Prozent meiner Kommilitoninnen und Kommilitonen) allerdings auch durch. Um den Schein zu bekommen, hat man glücklicherweise die Chance, in der folgenden Prüfung die Note auszugleichen. Deswegen erkenne ich die Notwendigkeit, auch über die Weihnachtsferien zu lernen und setze mich zwischen den Familienessen hin und pauke Eigenwerttheorie, Quadrikenberechnung und Co.
Aller Anfang ist schwer
Tatsächlich zahlt sich der Aufwand aus und ich bestehe die zweite Prüfung mit einer 1,0, wodurch der Schein gesichert ist. Ich lerne daraus, ein Gleichgewicht zwischen dem süßen Party- und Freizeitleben des Studiums und dem Uni-Alltag zu finden. Die weiteren Prüfungen sind dann entspannter, auch wenn die Vorbereitung dafür teilweise auf den letzten Drücker stressig ist. Oft lernen wir gemeinsam in der Unibib oder bei jemandem zu Hause, was den Lernstress ein bisschen abdämpft. Ganz nach dem Motto „Geteiltes Leid ist halbes Leid“.
Erste Erkenntnisse und wichtige Entscheidungen
Nach dem ersten Semester haben wir alle das Gefühl, mehr oder weniger im Studium angekommen zu sein und uns an das Uni-Leben gewöhnt zu haben. Zwei aus unserer Freundesgruppe wissen nun, dass sie nicht weiterstudieren wollen. Zumindest nicht Medizintechnik. Einem Kumpel hat Höhere Mathematik so viel Spaß gemacht, dass er ins Mathematikstudium wechselt. Die zweite, die sich gegen Medizintechnik entscheidet, will über den MedAT (Medizinischer Aufnahmetest in Österreich) Medizin in Innsbruck studieren. Dadurch bin ich zum ersten Mal mit der omnipräsenten, aber nie wirklich ausgesprochenen Frage konfrontiert, warum man nicht gleich Medizin studiert, sondern Medizintechnik. Jeder von uns wird früher oder später mit dieser Frage konfrontiert, spätestens wenn man auf den für einen Ingenieursstudiengang ungewöhnlich hohen Frauenanteil angesprochen wird. Ich habe das Gefühl, dass sich die bedeutende Mehrheit bewusst für den Ingenieursberuf entschieden hat, allerdings gibt es auch den einen oder die andere, dem oder der man jetzt schon anmerkt, besonderes Interesse an den bedeutend kleineren medizinischen Modulen wie Humanbiologie zu zeigen. Zu guter Letzt gibt es dann noch die Gruppe, die immer noch nicht wirklich weiß, was sie studieren will. Dazu gehöre auch ich, weswegen ich durch die Entscheidung der Freundin zum ersten Mal ins Nachdenken komme, ob ein Medizinstudium auch für mich infrage kommen würde. Bisher hatte ich das aufgrund des hohen NC nie wirklich in Betracht gezogen. Und den Aufwand, über einen Test ins Medizinstudium zu kommen, wollte ich bisher nicht aufbringen. Dafür hat die Überzeugung für diesen einen Studiengang gefehlt.
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In den Semesterferien besteht aber zunächst Nachholbedarf der Freizeit, die während der Prüfungsphase zu kurz kam. Deswegen bleibt zwischen Familien- und Freundesbesuchen wenig Zeit, sich tiefere Gedanken über die Studienwahl zu machen. Und eigentlich machen mir Mathematik, Physik und an guten Tagen auch Technische Mechanik Spaß.
So bleibt das Medizinstudium erstmal nicht mehr als eine kurze, aber dennoch ernsthafte Überlegung für die Zukunft.