Drei Geschichten aus dem Leben einer Medizinstudentin

Kimberley Gärtner © Stefanie Hanke
Kimberley Gärtner © Stefanie Hanke
Ausbildung, Arbeit, Medizinstudium – Kimberley hat schon einiges erlebt. Was sie inspiriert hat, für welche Erfahrungen sie besonders dankbar ist und welche Tipps sie anderen Medizinstudierenden mit auf den Weg geben möchte, erzählte sie auf dem Operation Karriere-Event in Hamburg.

„Es gab einen Moment, der mich zum Medizinstudium inspiriert hat“, begann Kimberley ihre Geschichte. Sie traf ein kleines afghanisches Mädchen namens Bibi, die eine schwere Form der Kiefer-Ankylose hatte. Durch die Organisation Friedensdorf, die sich für die medizinische Behandlung von Kindern aus Krisen- und Kriegsgebieten in Europa einsetzt, kam sie an eine Klinik in Saarbrücken. Und genau dort befand sich Kimberley gerade in ihrem zweiten Ausbildungsjahr zur Kinderkrankenschwester.

Krieg, Disziplin und Durchhaltevermögen

„Bibi hatte total Panik vor jeder Operation“, sagte Kimberley. Das Mädchen war ohne Verwandte in einem fremden Land mit einer fremden Kultur und kam mit medizinischen Geräten in Berührung, die sie vorher noch nie gesehen hatte. Aber mit der Zeit habe sie sich eingefunden und sich dem medizinischen Team anvertraut und sie als Familie empfunden. „Bibi hat mich beeindruckt und geprägt“, verriet die Medizinstudentin. Nach ihrer Ausbildung und der Arbeit auf Kinder-Intensivstationen habe sie einen Medizinstudienplatz erhalten. Die ersten vier Semester seien sehr hart gewesen. Sie habe nicht nur viel gelernt, sondern auch viele Tränen vergossen. Freiwillig würde sie diese Zeit nicht wiederholen wollen.

Doch es hatte auch etwas Positives. „Entschlossenheit und Disziplin sind der Schlüssel zum Erfolg“, erklärte Kimberley die Lehre aus dieser Zeit. Sie habe erkannt, dass große Anstrengungen und Opfer, die man bringen müsse, sie näher an ihr Ziel führen. Es sei sinnvoll, sich auf seine eigenen Stärken zu besinnen, aber gleichzeitig Unterstützung anzunehmen. „Auch ich habe einen Physikums-Vorbereitungskurs gemacht“, sagte sie. „Und das ist keine Schande. Das ist menschlich.“ Sie finde es spannend zu sehen, wie man solch schwere Zeiten – sei es ihre eigene Anfangszeit im Studium oder Bibis Zeit in der Klinik – aushalte und daran wachse. Das Wichtigste sei, dass die Hürden, die man überwinde, dabei helfen, vor den nächsten Hürden weniger Angst zu haben und sie leichter zu überwinden.

Der Blick über den Tellerrand

Das Leben auf dem Campus als Medizinstudentin war für Kimberley etwas komplett Neues. Die meisten Studierenden waren deutlich jünger als sie. „Es war ein völlig anderes Erlebnis, jeden Tag in die Uni zu gehen und nicht zur Arbeit“, blickt sie auf diese Zeit zurück. Sie war nicht mehr ständig müde und ausgelaugt von der Schichtarbeit in der Klinik und konnte deswegen viel offener für anderes sein. Der Kontakt zu anderen Studierenden habe sie inspiriert, auch mal über den Tellerrand hinauszuschauen. Viele hätten ein Zweitstudium gemacht oder spannende Hobbies verfolgt.

Sie selbst habe bereits als Krankenschwester verschiedene Erfahrungen gesammelt. 2018 war sie mit der Organisation Project Abroad in Jamaika. Dort habe sie mit vielen anderen zusammen ein medizinisches Projekt auf die Beine gestellt: eine Art ambulanter Dienst. Sie haben die Menschen zu Hause besucht, damit sie nicht auf den oftmals mehrstündigen Weg in die Klinik machen und dort noch lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Zu ihrer Arbeit vor Ort gehörte beispielsweise Zucker messen, Volkskrankheiten möglichst frühzeitig erkennen oder Medikamente mitbringen. „So etwas gab es dort noch nicht. Darauf bin ich sehr stolz“, verriet Kimberley.

Anfang März 2024 habe sie ein anderes Projekt in El Salvador als Krankenschwester unterstützt. Mit der Organisation Kinderherzen e.V. war sie dort auf einer Kinderintensivstation eingesetzt. „Dort haben wir ein Zelt aufgestellt und mehrere Kinder operiert“, berichtet sie. Innerhalb von drei Wochen konnten sie mit ihren Teams insgesamt 24 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler versorgen und heilen. Auch wenn es schwer sei, diese Zeit während des Studiums aufzubringen und sich zu engagieren, könnten diese Erfahrungen und Erkenntnisse, die man sammle, einen immer weiterbringen. Sie freue sich schon auf das nächste Projekt mit Kinderherzen e.V. Anfang 2025 in Rumänien. „Nutzt diese Chance“, appellierte Kimberley an ihre Mitstudierenden, sich für andere Menschen zu engagieren.

Engagement und Freunde

Nach über sieben Jahren Berufstätigkeit sei es ihr schwergefallen, ins Studium zu finden. „Das erste Staatsexamen hat mir alles abverlangt, körperlich und geistig“, gestand sie. Die Balance zwischen Studium, Teilzeitarbeit und persönlichen Verpflichtungen zu finden und Freunde zu treffen, sei oft schwierig gewesen. Aber für sie habe es sich wie ein Ausbruch aus dem Hamsterrad des Jobs angefühlt.

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Sie habe angefangen, sowohl in die medizinische Fachschaft als auch auf Bundesebene in den Hartmannbund zu gehen. Dort konnte sie als Univertreterin stets die Belange ihres eigenen Standortes Bonn einbringen. Es gebe viele Themen, die brennen, was allein das Beispiel der neuen Approbationsordnung zeige. „Neben dem Engagement ist es noch viel wichtiger, Freunde zu finden“, sagte die Medizinstudentin. Sie wolle in die Chirurgie gehen, habe jedoch einige Fragen und Bedenken gehabt. Dabei hätte ihr das Netzwerk „Die Chirurginnen e.V.“ nicht nur weitergeholfen, sie habe dort auch Motivation und Vorbilder gefunden.

Zum Schluss hatte Kimberley einige wichtige Botschaften an alle Medizinstudierenden:

  • Verliert niemals den Glauben an euch selbst.
  • Seid immer offen für neue Erfahrungen und Herausforderungen.
  • Verliert nicht den Blick auf die Welt und das, was um euch herum passiert.
  • Erweitert euren Horizont.
  • Pflegt den Teamgeist.
  • Habt den Mut, euren eigenen Weg zu gehen.
  • Gebt niemals auf, eure Leidenschaft zu verfolgen.

„Die einzige Möglichkeit, wirklich zufrieden zu sein, besteht darin, das zu tun, was ihr für eine großartige Arbeit haltet“, erklärte sie.

 

Quelle: Vortrag „Luft malen und Wunder erklären: Lasst mal Zukunft in der Medizin schreiben“, Kimberley Gärtner, Medizinstudentin und Bloggerin, Operation Karriere Hamburg 2024

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