Was ist Menschen wichtig, wenn ihnen eine größere Operation bevorsteht? Häufige Antworten auf diese Frage sind beispielsweise „nichts merken”, „nicht zwischendurch wach werden” oder „hinterher wieder aufwachen”. „Das fällt alles in den Aufgabenbereich der Anästhesie, nicht der Chirurgie”, erklärte Soukup zu Beginn seines Vortrags.
Fünf Säulen des Fachgebiets
Insgesamt bestehe das Fachgebiet „Anästhesie und Intensivmedizin” aus fünf verschiedenen Teilbereichen.
- Anästhesie: Anästhesistinnen und Anästhesisten begleiten die Patientinnen und Patienten vor, während und nach einer Operation. Sie übernehmen Verantwortung und schaffen Sicherheit.
- Intensivmedizin: In der Intensivmedizin entwickeln sie gemeinsam mit dem Team Behandlungskonzepte und helfen beim Heilen.
- Notfallmedizin: In der Notfallmedizin geht es darum, ganz unmittelbar Leben zu retten und schnell zu handeln.
- Schmerzmedizin: In der Schmerzmedizin geht es darum, körperlichen und seelischen Schmerzen Einhalt zu gebieten und Hoffnung zu geben.
- Palliativmedizin: In der Palliativmedizin geht es darum, die Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörigen zu unterstützen und nicht allein zu lassen.
Was machen Anästhesistinnen und Anästhesisten? Anästhesiologie
Insgesamt werden in Deutschland jedes Jahr etwa 12 Millionen Anästhesien durchgeführt. Dazu zählen die Regional- und Allgemeinanästhesie einschließlich Vor- und Nachbetreuung. Zum Teilbereich der Anästhesiologie zählt auch:
- Aufklärung von Patientinnen und Patienten
- Einschätzung und Minimierung des Narkoserisikos
- Durchführung der erforderlichen Narkose
- „Betreuung” des Operateurs oder der Operateurin
- Postoperative Nachbetreuung
- Postoperative Schmerztherapie
- Konsildienst
- Managementaufgaben (z.B. OP-Organisation)
- Intrahospitales Risikomanagement
Zur Aufgabe der Anästhesistinnen und Anästhesisten gehöre es, möglichst gute Bedingungen für die Operation zu schaffen. Nach der Operation gehe es dann entweder in den Aufwachraum oder auf die Intensivstation. Dort gehe es darum, die Patientinnen und Patienten für die Betreuung auf der Normalstation vorzubereiten.
Werbung
Was machen Anästhesistinnen und Anästhesisten? Intensivmedizin
Bei der Intensivmedizin gehe es um eine Arbeit an der Grenze zwischen Leben und Tod. Hier werden Patientinnen und Patienten betreut, bei denen eine oder mehrere Vitalfunktionen ausgefallen sind oder unterstützt werden müssen:
- Hämodynamik
- Beatmung
- Nierenersatz
- Infektiologie
Zu den Aufgaben gehöre es auch, die Angehörigen zu betreuen und mit ihnen gemeinsam ethische Entscheidungen zu treffen. „Intensivmedizin ist Teamarbeit”, betonte Soukup.
Was machen Anästhesistinnen und Anästhesisten? Notfallmedizin
In der Notfallmedizin sind Anästhesistinnen und Anästhesisten an der Erstversorgung Schwerverletzter beteiligt. Dazu gehören auch die innerklinische Reanimation, der Einsatz als Notarzt oder Notärztin und in der Hubschrauberrettung. Diese Arbeit erfordere ein hohes Maß an fachlicher Expertise und ein trainiertes Zusammenspiel im ganzen Team, erklärte Soukup.
Was machen Anästhesistinnen und Anästhesisten? Palliativ- und Schmerzmedizin
In diesen Bereich gehören:
- die Betreuung komplexer chronischer Schmerzpatientinnen und -patienten
- die Organisation eines Akutschmerzdienstes
- die palliativmedizinische Betreuung von Patientinnen und Patienten am Lebensende
- die Betreuung von Angehörigen
Dieser Bereich sei komplett anders als die Intensivmedizin, erläuterte Soukup. Allerdings wird die Schmerz- und Palliativmedizin inzwischen immer weiter in die Intensivmedizin integriert. In der Palliativmedizin gehe es darum, nicht dem Leben mehr Tage, sondern den Tagen mehr Leben zu geben, erklärte Soukup. Hier ziehe sich die Medizin zurück: Nicht die Heilung steht im Fokus, sondern die Lebensqualität.
Fachgebiet Anästhesiologie wählen? Pro und Contra
Soukup stellte in seinem Vortrag auch einige Vor- und Nachteile seines Fachgebiets vor. So sei die Anästhesiologie interessant und abwechslungsreich und man könne ein breitgefächertes, anspruchsvolles Patientenspektrum betreuen. Auch das hohe Maß an interdisziplinärer Zusammenarbeit nannte er als positiven Aspekt. Außerdem gebe es eine relativ gute Planbarkeit des Tagesablaufs, was auch Teilzeitarbeit in dem Fachgebiet möglich mache.
Wer sich für dieses Fachgebiet entscheide, trage oft eine hohe „End of life”-Verantwortung für die Patientinnen und Patienten – das könne als positiv oder als negativ empfunden werden. Manchmal benötige man außerdem gute Nerven und eine hohe Resistenz gegen Stress.
Quelle: „Anästhesie und Intensivmedizin – Am Puls der Zeit”, Dr. med. Jens Soukup, Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin, Carl-Thiem-Klinikum Cottbus, Operation Karriere Kongress Berlin am 3.12.2022