Berufseinstieg: Diese Vorteile bietet mir das Medizinische Versorgungszentrum

Viele Assistenzärztinnen und Assistenzärzte wünschen sich eine Beschäftigung in Teilzeit. © Gina Sanders/Fotolia
Wer in einem Medizinischen Versorgungszentrum in den Arztberuf startet, hat Vorteile: Das finanzielle Risiko wird geringer, und die Patientenbetreuung übernimmt man zusammen mit Kolleginnen und Kollegen. Das Angestelltenverhältnis hat aber auch Nachteile.

Die Anzahl der medizinischen Versorgungszentren nehmen weiter zu. Ende 2019 betrug sie über 3.500, was einem Anstieg um 11,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Am häufigsten ist diese medizinische Kooperationsform in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Berlin vertreten. Doch was sind Medizinische Versorgungszentren? Welche Vor- und Nachteile bringen sie für angehende Ärztinnen und Ärzte mit sich?

Was sind Medizinische Versorgungszentren (MVZ)?

Bei den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) handelt es sich um eine ärztliche Kooperationsform, die seit 2004 gesetzlich zugelassen ist. Mit der Genehmigung im Jahr 2016, dass ebenso zwei Ärztinnen bzw. Ärzte derselben Fachrichtung ein MVZ gründen dürfen, ist ein kontinuierlicher Anstieg bundesweit zu beobachten. Ziel eines MVZs ist es, als medizinische Einrichtung die ambulante Versorgung von Patientinnen und Patienten mit einer vertragsärztlichen Gruppe von Ärztinnen und Ärzten aus verschiedenen Fachrichtungen im selben Haus zu ermöglichen.

Im Durchschnitt arbeiten in einem MVZ sechs Ärztinnen und Ärzte. Insgesamt gehen bundesweit fast 22.000 Ärztinnen und Ärzte, von denen 8 Prozent als Vertragsärzte und 92 Prozent angestellt arbeiten, ihrer beruflichen Tätigkeit in einem MVZ nach. Mit 63 Prozent arbeiten deutlich mehr als die Hälfte der Ärzte und Ärztinnen in MVZ in Teilzeit.

Welche Vorteile gibt es für Gründer?

Derzeit sind Vertragsärzte und Krankenhäuser zu nahezu gleichen Anteilen als Gründer an den bisher zugelassenen MVZ beteiligt. Diese sind vorwiegend in der Rechtsform als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) vertreten.

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Krankenhäuser erhoffen sich mit der Gründung eines MVZs eine leistungsstarke, ambulante Versorgung, die das Krankenhaus entlastet. Hinzu kommt, dass auch in den MVZ die Weiterbildung von Assistenzärztinnen und -ärzten ermöglicht wird. Nach der Facharzt-Weiterbildung können die Krankenhäuser diese direkt für ihr Haupthaus gewinnen. Für Vertragsärztinnen und -ärzte ergeben sich die Vorteile mit der Gründung eines MVZs in der Kostensenkung. Es muss weniger Geld für Räumlichkeiten, Geräte und Bürokratie ausgegeben werden, weil die Kosten geteilt werden.

Die Möglichkeiten, die ein Angestelltenverhältnis bietet, wirken insbesondere für junge Ärzte und Ärztinnen attraktiv. Sie können ihren Beruf praktizieren und sich so zunächst in einer bereits gegründeten medizinischen Versorgungseinrichtung mit einem Praxisklima orientieren, ohne sich mit den bürokratischen oder wirtschaftlichen Regulationen auseinandersetzen zu müssen.

Durch Vertragsregelungen bewahren sie ihre Flexibilität hinsichtlich des Ortes und der Dauer ihrer Beschäftigung. Das MVZ bietet zusätzlich die Option, verschiedene Arbeitsmodelle, auch Teilzeitarbeit, anzuwenden. Das gilt sowohl in jungen Jahren, wenn die Familienplanung ansteht, aber auch für diejenigen, die im Alter kürzer treten möchten: Die Arbeitszeiten können individuell mit dem Arbeitgeber vereinbart werden. Das sind große Unterschiede im Vergleich zur Anstellung im Krankenhaus. Eine volle Stelle in einem MVZ kann auf bis zu vier Personen aufgeteilt werden.

Ambulant oder stationär

In einem MVZ angestellte Ärzte und Ärztinnen können sowohl ambulant als auch stationär arbeiten. Diese Möglichkeit ist aber vielmehr als Vorschrift zu verstehen, die befolgt werden muss. Das bedeutet: Je nach Bedarf müssen die Ärztinnen und Ärzte zwischen den Standorten MVZ und Krankenhaus wechseln, ohne dass sie arbeitsvertraglich geschützt werden oder der Umfang vertraglich definiert ist. Um sich den Auswirkungen einer solchen Regelung klar zu sein, empfiehlt es sich, sich vor dem Vertragsabschluss mit einem MVZ rechtlich beraten zu lassen. Für alle, die ohnehin an einer kombinatorischen Tätigkeit auf Station und der ambulanten Versorgung interessiert sind, ergibt sich hier ein optimaler Raum zur Entfaltung.

Weitere mögliche Nachteile ergeben sich aus der Tatsache, dass MVZ und Kassenärztliche Vereinigungen Fragen nach arbeitsrechtlichen Regelungen miteinander absprechen. Die vertraglich angestellten Ärztinnen und Ärzte sind in diesen Gesprächen nicht vertreten, aber müssen den ohne sie getroffenen Bestimmungen folgen. Anders ist es bei Praxisinhaberinnen und -inhabern, die mit den jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen in einem direkten Kontakt stehen.

So sind für Angestellte im MVZ Themen wie Freistellung, Vertretung und Kündigung nicht einheitlich geregelt. Unstimmigkeiten, die sich ergeben könnten, werden nicht in den Sozial- oder Bundesgesetzbüchern thematisiert.

Dennoch erweist sich das MVZ als flexibler und familienfreundlicher Arbeitgeber. Vor allem das Arbeitsmodell, ohne einer Verpflichtung zum Bereitschafts-, Ruf- und Schichtdienst, ermöglichen jungen Ärztinnen und Ärzten einen entspannten Einstieg in das Berufsleben. Immerhin wünschen sich einer Assistenzarzt-Umfrage des Hartmannbundes zufolge 56 Prozent eine Teilzeitanstellung. Mehr als 60 Prozent der Befragten gaben an, dass sie in der ambulanten Tätigkeit insbesondere die Vorteile, die sich aus den planbaren Arbeitszeiten für ihre Work-Life-Balance ergeben, wertschätzen. Noch wird dafür als Idealstelle die Gemeinschaftspraxis favorisiert. Dies könnte sich mit der steigenden Anzahl der Medizinischen Versorgungszentren ändern.

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