Auf einen Blick: Weiterbildung (Facharztausbildung) Kinder- und Jugendchirurgie:
- Definition: Die Kinder- und Jugendchirurgie ist ein eigenständiges chirurgisches Fachgebiet, dass sich mit der Diagnostik und operativen Therapie von Erkrankungen, Tumoren, Fehlbildungen, Verletzungen und Unfallfolgen im Kindes- und Jungendalter beschäftigt. Dazu zählt auch die pränatale Chirurgie.
- Dauer: Die Facharzt-Weiterbildung in der Kinder- und Jugendchirurgie dauert 72 Monate. Davon müssen je 6 Monate in der Notfallaufnahme und der intensivmedizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen abgeleistet werden. Bis zu 12 Monate aus anderen Gebieten können angerechnet werden.
- Anzahl der Fachärzte: In Deutschland gibt es 887 Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder- bzw. für Kinder- und Jugendchirurgie. Davon sind 712 berufstätig. 134 arbeiten ambulant, 539 stationär in einer Klinik.
Die Kinder- und Jugendchirurgie ist eine verhältnismäßig junge Spezialisierung innerhalb der Chirurgie: Seit 1992 gibt es eine eigenständige Facharzt-Weiterbildung in diesem Bereich. Allerdings gab es in der DDR schon deutlich früher spezielle Fachärzte und Fachärztinnen für Kinderchirurgie: Hier wurde eine entsprechende Weiterbildung schon 1955 eingeführt. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Kinder meistens von Allgemeinchirurgen operiert. Innerhalb der Chirurgie bildet die Kinder- und Jugendchirurgie mit etwas mehr als 700 berufstätigen Fachärztinnen und Fachärzten den kleinsten Fachbereich. Ihr Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Behandlung junger Patienten – bis etwa zum 14. bis 16. Lebensjahr.
Kinder sind keine kleineren Erwachsenen – diese Tatsache hat auch Einfluss auf die chirurgische Versorgung junger Patienten. Denn durch Wachstum und Entwicklung reagiert ein kindlicher Körper anders, beispielsweise bei Knochenbrüchen: Da Ärztinnen und Ärzte bei Kindern das Knochenwachstum mit in ihre Behandlung einbeziehen können, reicht bei einem gebrochenen Arm manchmal ein Gips aus, während die gleiche Verletzung bei einem Erwachsenen operiert werden muss. Auch die Entwicklung der inneren Organe ist nach der Geburt noch nicht abgeschlossen. All diese Aspekte müssen mit einbezogen werden, wenn es um die chirurgische und konservative Behandlung von Kindern geht.
Breites chirurgisches Spektrum
Ähnlich wie die Allgemeinchirurgie im Erwachsenenbereich ist die Kinder- und Jugendchirurgie für ein breites Spektrum verschiedener Eingriffe zuständig: So übernehmen die Chirurgen und Chirurginnen Operationen aus dem Bereich der Viszeral- und Thoraxchirurgie, der Onkochirurgie, der Traumatologie und der Urologie. Zu den Kernbereichen des Fachs zählen auch die Korrektur angeborener Fehlbildungen und die Neugeborenenchirurgie. Wie auch in der Erwachsenenchirurgie sind in der Kinder- und Jugendchirurgie minimalinvasive Operationstechniken auf dem Vormarsch. Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder- und Jugendchirurgie behandeln eine Vielzahl verschiedener Beschwerden und Erkrankungen:
- angeborene Fehlbildungen, z.B. Darmatresien, Zwerchfellhernie, anorektale Malformationen, Bauchwanddefekte
- erworbenen Erkrankungen im Neugeborenenalter (nekrotisierende Enterokolitis, Darmverdrehung)
- Leisten-/Nabel-/Wasserbruch
- Verletzungen im Alltag (Platz-, Riss-, Schürfwunden, Prellungen und Knochenbrüche, Gehirnerschütterung, Verbrennungen/Verbrühungen)
- akute Beschwerden (Blinddarmfortsatzentzündung, Hoden- bzw. Eierstockverdrehung, Fremdkörper verschluckt oder eingeatmet)
- chronische Erkrankungen (chronisch entzündliche Darmerkrankungen)
- urologische Erkrankungen (Harnröhrenklappen, Hodenhochstand, Hypospadie, Nierenfunktionsstörungen)
- Tumoren im Kindesalter
Ein spezieller Bereich der Kinderchirurgie ist die Fetalchirurgie, bei der Kinder noch vor der Geburt im Mutterleib operiert werden können. Das wird beispielsweise bei Fehlbildungen wie Spina Bifida gemacht. Ein vorgeburtlicher Eingriff kann die Beschwerden der betroffenen Kinder deutlich reduzieren.
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Die Kinder- und Jugendchirurgie ist ein Fachgebiet, in dem die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Fächern eine große Rolle spielt. So gibt es einen engen Austausch mit Kollegen und Kolleginnen aus den anderen chirurgischen Fachgebieten, aber auch mit der Pädiatrie und Neonatologie, der pädiatrischen Onkologie, der Urologie, der Nephrologie und der Kinderkardiologie.
Kinder- und Jugendchirurgie: Fakten zur Weiterbildung
Die Dauer der Weiterbildung
Die Weiterbildungszeit in der Kinderchirurgie beträgt 72 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten an einer Weiterbildungsstätte, davon
- müssen 48 Monate in Kinderchirurgie abgeleistet werden
- müssen 6 Monate in der Notfallaufnahme abgeleistet werden
- müssen 6 Monate in der intensivmedizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen abgeleistet werden
- können zum Kompetenzerwerb bis zu 12 Monate Weiterbildung in anderen Gebieten erfolgen
Übergreifende Inhalte im Gebiet Chirurgie
- Wesentliche Gesetze, Verordnungen und Richtlinien
- Chirurgische Techniken und Instrumentengebrauch, insbesondere Inzision, Präparation, Retraktion, Naht- und Knotentechniken einschließlich Laseranwendung unter Berücksichtigung der verschiedenen Gewebestrukturen
- Chirurgische perioperative Behandlung einschließlich Vorbereitung, Lagerungstechniken, Nachsorge und Komplikationsmanagement sowie Indikationsstellung zu weiterführenden Maßnahmen
- Techniken der temporären Ruhigstellung und Fixationsverbände
- Prophylaxe, Diagnostik und Therapie von Thrombosen
- Wundheilung und Narbenbildung
- Wundmanagement und stadiengerechte Wundtherapie sowie Verbandslehre einschließlich verschiedene Wundauflagen, Unterdruck- und Kompressionstherapie
- Defektdeckung bei akuten und chronischen Wunden
- Grundlagen der medikamentösen Tumortherapie
- Basisbehandlung palliativmedizinisch zu versorgender Patienten
- Scoresysteme und Risikoeinschätzung
Notfall- und Intensivmedizin
- Erkennung und Behandlung akuter Notfälle einschließlich lebensrettender Maßnahmen
- Kardiopulmonale Reanimation
- Pathophysiologie von schweren Verletzungen, des Polytraumas und deren Folgen
- Indikationsstellung zur Notfall-Laparotomie und Thorakotomie
- Differenzierte Beatmungstechniken
- Atemunterstützende Maßnahmen bei intubierten und nicht-intubierten Patienten
- Beatmungsentwöhnung bei langzeitbeatmeten Patienten
- Mitbehandlung bei septischen Krankheitsbildern
- Legen eines transurethralen und/oder suprapubischen Katheters