Wer schon berufliche Erfahrungen im Gesundheitswesen gesammelt hat, kann sich auch ohne Abitur Hoffnungen auf einen Medizinstudienplatz machen. Seit Anfang des Jahres 2020 haben sich die Chancen verbessert, heiรt es vom Centrum fรผr Hochschulentwicklung (CHE): Grund dafรผr seien verรคnderte Zulassungsverfahren zum Medizinstudium.
Inzwischen kรถnnen an allen staatlichen und privaten Hochschulen auch Bewerberinnen und Bewerber fรผr das Medizinstudium angenommen werden, die kein Abitur haben. Das gilt รผbrigens auch fรผr den Studiengang Pharmazie. Voraussetzung sind eine fachnahe Ausbildung, z.B. in der Pflege oder im Rettungsdienst, und mindestens drei Jahre Berufserfahrung auf diesem Gebiet.
Kein Abi: Welche Note zรคhlt?
Fรผr Studieninteressierte, die sich auf diesem Weg um einen Studienplatz bewerben, gelten ansonsten die gleichen Vergabekriterien wie fรผr alle anderen auch. Statt der Abiturnote wird dabei die Durchschnittsnote des Berufsabschlusszeugnisses oder das Ergebnis einer an der Universitรคt vorher abgelegten Zugangsprรผfung berรผcksichtigt.ย Man erhรคlt dann die sogenannte fachgebundene Zugangsberechtigung, fรผr die man eine mindestens zweijรคhrige Berufsausbildung, eine Abschlussnote von mindestens 2,5 und mindestens dreijรคhrige berufliche Tรคtigkeit nachweisen muss.
Die Note macht bei der Vergabe der Studienplรคtze 30 Prozent aus. Daneben flieรen aber auch Auswahlkriterien der Hochschulen mit 60 Prozent und eine sogenannte “Zusรคtzliche Eignungsquote” mit 10 Prozent ein. Speziell hier kรถnnen Bewerberinnen und Bewerber punkten, die schon praktische Kenntnisse nachweisen kรถnnen. Und auch die Wartezeit auf einen Studienplatz wird รผbergangsweise noch berรผcksichtigt: Die Zeit seit dem Abschluss der Ausbildung wird dabei angerechnet. Als Bewerber oder Bewerberin nimmt man automatisch an allen drei Vergabeverfahren teil.
Auch รผber die Landarztquote kรถnnen Interessenten ohne Abitur einen Studienplatz ergattern. In diesem Fall verpflichten sich die Bewerber dazu, spรคter fรผr einen Zeitraum von zehn Jahren als Hausarzt oder Hausรคrztin in lรคndlichen Kreisen zu arbeiten.
โDie Tatsache, dass aktuell 755 Menschen ohne Abitur Humanmedizin, 194 Zahnmedizin und 205 Pharmazie studieren, ist ein eindrucksvoller Beleg fรผr die Leistungsfรคhigkeit dieser Gruppeโ, bilanziert Sigrun Nickel, Leiterin Hochschulforschung beim CHE Centrum fรผr Hochschulentwicklung. โMit einem guten Abschluss in einem Gesundheitsberuf, praktischer Erfahrung und der Anrechnung der Berufspraxis als Wartezeit kรถnnen Bewerberinnen und Bewerber von den neuen Bewerbungsregelungen noch umfangreicher profitierenโ.
Derzeit ist noch unklar, wie sich die Neuerungen beim Zulassungsverfahren langfristig auf die Zusammensetzung der Medizinstudierenden auswirken werden. CHE Geschรคftsfรผhrer Frank Ziegele sieht im verรคnderten Bewerbungsverfahren eine Aufwertung fรผr die gesamte akademische und berufliche Ausbildung im Bereich Gesundheit. โEntscheidend dafรผr, ob jemand eine gute รrztin oder ein guter Apotheker wird, sollte die nachgewiesene Kompetenz sein und eben nicht mehr allein gute Abiturnoten. Das wird durch die nun geltenden Zulassungsverfahren stรคrker berรผcksichtigt und sorgt fรผr mehr Chancengerechtigkeitโ, so Ziegele.
Bereits im Jahr 2019 studierten 850 Personen ohne Abitur an einer deutschen Hochschule Humanmedizin, weitere 211 in Zahnmedizin und 209 Pharmazie.
Mehr Infos: Die Broschรผre “Kurz + Kompakt: Studium ohne Abitur โ Medizin und Pharmazie” gibt es auf www.che.de kostenlos zum Download (396 kB).
