Zwischen Bachelorarbeit und TMS zum Studienplatz

Will ich wirklich den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen? Welche Möglichkeiten stehen mir noch offen? Diese Fragen hat sich unser Operation Karriere-Blogger Sebastian am Ende seines Medizintechnik-Studiums gestellt. In seinem neuen Beitrag erzählt er, wie ihm erste Zweifel am zukünftigen Job kamen und warum er sich immer mehr mit einem Medizinstudium angefreundet hat.

Nach dem ersten erfolgreichen Semester und den wohlverdienten Semesterferien sind die folgenden Semester sehr kurzweilig. Ehe ich mich umsehen kann, befinde ich mich im fünften Semester und realisiere, dass die Entscheidung, was nach dem Bachelorabschluss kommt, immer näher rückt. Im Oktober entscheide ich mich deshalb in einem Medizintechnikunternehmen als Werkstudent zu arbeiten, um einen besseren Einblick in ein mögliches Berufsbild zu bekommen. Das Team in der Abteilung, in der ich arbeite, ist noch sehr jung und viele haben den gleichen Studiengang studiert, sodass ich mir Tipps abholen kann und viel Neues dazulerne. Zwar gehe ich sehr gerne neben den Vorlesungen zur Arbeit und genieße die Abwechslung und den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, jedoch merke ich schnell, dass ich mir nicht für immer vorstellen kann, jeden Tag in ein Büro zu gehen und den ganzen Tag am Schreibtisch zu sitzen.

Es ist der Winter des ersten Lockdowns und so werden auch wir ins Homeoffice geschickt. Die Universität sucht zu der Zeit Hilfskräfte in der Einlasskontrolle der Universitätskliniken, weswegen ich parallel zu meinem Werkstudentenjob dort anfange, auszuhelfen. Außerdem kann ich durch die Sondergenehmigung der Uniklinik legal das Haus verlassen, was sehr gut dabei hilft, dass mir die eigene Decke nicht auf den Kopf fliegt.

Ein Stück weit genieße ich sogar die ruhigere Zeit, in der alles heruntergefahren wird. Es ist zwar schade, dass alle Vorlesungen und Praktika an der Uni ausfallen und auch das Mannschaftstraining im Fußball untersagt wird, jedoch habe ich dadurch mehr Zeit, neue Hobbys auszuprobieren und beginne beispielsweise mit dem Rennradfahren.

Erste Zweifel und die Suche nach Alternativen

Ich mache mir viele Gedanken, in welche Richtung ich in Zukunft gehen will. Schon seit Beginn des Studiums war klar, dass ich einen Master machen will. Ich wusste nur nicht in welchem Bereich und habe gehofft, dass sich das irgendwann von selbst ergeben wird. Stattdessen weiß ich jetzt, was ich nicht will: Ingenieur werden. Doof nur, dass mich mein Studiengang genau darauf ausbildet.

Gleichzeitig freunde ich mich immer mehr mit dem Gedanken an, Medizin zu studieren. Durch die Arbeit in der Klinik und dem daraus entstehenden Kontakt zu anderen Medizinstudierenden merke ich, dass ich mir sehr gut vorstellen kann, hier dauerhaft zu arbeiten. Mein aktuelles Studium abzubrechen ist keine Option, dafür bin ich jetzt zu weit und ich will auf jeden Fall meinen Abschluss zu Ende bringen.

Kann man nach einem abgeschlossenen Studium ein neues beginnen? Wenn ich nochmal neu studiere, wann bin ich fertig und kann Geld verdienen? Und wie schaffe ich es überhaupt in einen so stark zulassungsbeschränkten Studiengang mit einem 1,8 Abitur?

Das alles sind Gedanken, die mich lange beschäftigen und mich sehr kreativ werden lassen. Ich überlege mir tausende Wege, wie ich meinen Traum umsetzen kann und lege mir Alternativpläne parat. Das Gute an dem Bachelorstudiengang Medizintechnik ist nämlich, dass man durch die breite Modulfächerung mehrere Masterstudiengänge zur Auswahl hat. So finde ich relativ schnell ein bis zwei Master, die ich interessant finde. Trotzdem bleibt Plan A das Medizinstudium.

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Zunächst steht für mich die Bachelorarbeit an, die ich glücklicherweise genau in dem Bereich finde, in dem ich mir einen Master vorstellen könnte: der Strahlentherapie. Außerdem bin ich durch die Experimente am Linearbeschleuniger jeden Tag in der Universitätsklinik, was mich Tag für Tag in meinem Vorhaben, Medizin zu studieren, bestärkt.
Nachdem ich die Bachelorarbeit im Wintersemester fertigstelle, bereite ich mich im zweiten Lockdown auf den Test für medizinische Studiengänge (TMS) vor. Mein Plan ist es, neben dem TMS außerdem das österreichische Äquivalent, den MedAT, zu machen. Falls beides nicht klappen sollte, beginne ich eben den Master.

Die Möglichkeit, über ein Zweitstudium ins Medizinstudium zu kommen, verwerfe ich schnell, da ich nach einiger Recherche den Eindruck habe, dass ich durch einen guten TMS bessere Chancen habe. Ob mein Plan mit dem TMS funktioniert, weiß ich nicht. Denn um den Bachelorabschluss anerkannt zu bekommen und trotzdem bei der Bewerbung für den Medizinstudienplatz als Erststudienbewerber zu gelten (nur für diese wird das TMS-Ergebnis berücksichtigt), ist durchaus kompliziert. Ich finde dazu auch leider keine Erfahrungsberichte oder kenne jemanden, der so etwas Ähnliches schon gemacht hat. Ich entschließe mich deshalb, die Universitäten direkt anzuschreiben und nachzufragen. Wider Erwarten bekomme ich von allen die Rückmeldung, dass wenn ich vereinzelte Prüfungsleistungen meines Bachelorstudiengang so lange zurückhalte und nicht beim Prüfungsamt einreiche, bis ich die Zulassung für einen Medizinstudienplatz habe, ich bei der Bewerbung als Erststudienbewerber gelte und danach meinen Bachelorabschluss offiziell einreichen kann, um mich dann als Zweitstudent an der neuen Universität einzuschreiben.
Klingt zwar kompliziert, ist aber scheinbar realisierbar, weswegen ich guter Dinge meinen Plan angehe.

TMS-Vorbereitung und das lange Warten, bis es endlich losgeht

Glücklicherweise habe ich genug Zeit, mich 6 Wochen intensiv auf den Test vorzubereiten. Die Vorbereitung läuft gut, allerdings fühle ich mich durch den Lockdown und die Tatsache, dass ich der einzige in meinem Umfeld bin, der den Test vor sich hat, ein bisschen isoliert. Trotzdem versuche ich konsequent jeden Tag zu üben und komme ganz gut durch die Zeit.

Am Testtag bin ich sehr aufgeregt. Zum ersten Mal bedeutet  mir ein Test richtig viel und ich spüre den Druck, dass meine Zukunft an einem Tag hängt.
Ich kämpfe mich durch die einzelnen Testteile und habe nach acht Stunden, bis es endlich vorbei ist, zumindest das Gefühl, alles gegeben zu haben. Wie genau man abschneidet, hängt vor allem von den anderen Teilnehmenden ab, da die eigene Leistung zu den Anderen ins Verhältnis gesetzt wird. Deswegen fällt es mir sehr schwer, den Test und das Ergebnis einzuschätzen.

Bis zur Ergebnismitteilung dauert es sieben Wochen. In dieser Zeit bereite ich mich weiter auf den MedAT vor und entschließe mich kurzfristig, schon das Pflichtpraktikum für das Medizinstudium in der Pflege zu absolvieren. Zugegeben gehe ich dadurch das Risiko ein, den MedAT durch den erhöhten Zeitaufwand des Praktikums zu vernachlässigen, allerdings hoffe ich einfach, dass das TMS-Ergebnis ausreicht und ich in Deutschland studieren kann.
Nach einer scheinbar endlosen Zeit bis zur Ergebnismitteilung, bekomme ich Ende Juni endlich die Auskunft.
Ich bin überglücklich, als ich das Dokument öffne und realisiere, dass es sehr wahrscheinlich gereicht hat. Vom einen Moment auf den nächsten fällt eine große Last ab und mein Plan, den ich über ein Jahr zuvor, im Unwissen, ob das überhaupt möglich ist, gestartet habe, ging tatsächlich auf.

Von da an ändern sich natürlich die Pläne für die kommenden Monate. Ich stoppe die Vorbereitung für den MedAT und mache das dreimonatige Pflegepraktikum zu Ende.
Neben dem Auszug aus der Stadt, in der ich die letzten vier Jahre studiert habe, steht noch ein letzter Urlaub an, bis es dann endlich so weit ist: Ich kann mich an einer meiner Wunschunis immatrikulieren und im kommenden Semester beginnen, Medizin zu studieren!

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