In vielen deutschen Kliniken wird der OP-Roboter Da Vinci bereits eingesetzt. Der Einsatz des Roboters bringt Vorteile mit sich, aber revolutioniert er auch die Prostata-Chirurgie?
Funktionsweise des Robotiksystems
Im Zentrum des Operationssystems Da Vinci steht eine Steuerkonsole. Hier sitzt ein Chirurg oder eine Chirurgin und lenkt die vier Arme und den Videoturm. Dank der dreidimensionalen Kamera und der Lichttechnik entsteht ein vergrößertes 3D-Bild des Operationsfeldes, auf dem man selbst feine Strukturen wie Nerven und Gefäße erkennen kann. Die Operation erfolgt mittels des laparoskopisches OP-Verfahrens, auch Schlüsselloch-OP genannt. Mit Handbewegungen steuert der Operateur oder die Operateurin in Echtzeit die Arme und sieben Freiheitsgrade (wie auch beim menschlichen Arm) des Roboters. Auch wenn die Beweglichkeit auf den Grad genau in einem so kleinen Raum für die Chirurginnen und Chirurgen verlockend ist, kann der Da Vinci Roboter keine eigenständigen Bewegungen ausführen. „Es handelt sich um ein Master-Slave-Assistenzsystem, das sich de Facto als Verlängerung unseres eigenen Operationsarms darstellt“, sagt Prof. Dr. Andreas Pascher, der die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie der Uniklinik Münster leitet.
Langzeitstudie: Da Vinci-Roboter operiert nicht besser
Die Da Vinci-Robotik führt zu einem schnelleren Heilungsprozess der Patientinnen und Patienten: Der Blutverlust ist geringer, die Wunden heilen schneller und äußerliche Schnittwunden sind maximal zwei Zentimeter groß. Allerdings haben verschiedene Langzeitstudien beweisen, dass es auf lange Sicht keinen Unterschied gibt, ob Patienten mit oder ohne OP-Robotik operiert werden. Die letzte Studie wurde von der Martini Klinik Hamburg durchgeführt, hier werden weltweit die meisten Patienten mit Prostatakrebs behandelt. 10.790 Männer haben die Forscher über einen Zeitraum von 2008 bis 2016 befragt. Das Fazit: Es ist nicht entscheidend, ob im OP-Saal ein Roboter steht. Viel wichtiger ist die Erfahrung des Chirurgen oder der Chirurgin.
Keine Rückenschmerzen mehr
Für den Arzt oder die Ärztin bringt die Da Vinci-Robotik Vor- und Nachteile mit sich. Ein Nachteil, der sich insbesondere für das medizinische Personal darstellt, ist der Faktor Zeit. Für die Pflegekräfte ist der Aufwand größer, weil die Robotik-Instrumente aufwendig sterilisiert werden müssen, zudem dauert die OP länger als bei einem offenen Eingriff. Hinzu kommt die längere Vorbereitungszeit für Operateurinen und Operateure. In der Regel werden mehr als 50 Stunden Simulationsstunden abgeleistet, ehe überhaupt in Einzelstunden trainiert wird.
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Vorteilhaft ist die bessere Übersicht und eine präzisere Steuerung der Instrumente: Dank der besseren Bildtechnik werden Organe und Instrumente räumlich und vergrößert dargestellt. Zudem ist der Roboter, etwa durch abgewinkelte Geräte und sieben Freiheitsgrade deutlich präziser als ein Chirurg oder eine Chirurgin, der oder die nur mit den eigenen Händen arbeitet. Außerdem ist der Kraftaufwand geringer, was Nacken- und Rückenschmerzen nach langen Operationen vorbeugt.
Der Roboter ist längst Teil des Teams
Klar ist: Der Da Vinci-Roboter ist nur ein sehr intelligentes Werkzeug und trifft keine autonomen Entscheidungen. Die Chirurgen und Chirurginnen selbst behalten bei jedem Schnitt die Oberhand. Der Medizinroboter ermöglicht aber entgegen der konventionellen offenen Operation einen Einblick in das Operationsgebiet für alle Personen, die im OP-Saal stehen. Dadurch, dass alle Beteiligten die Operation verfolgen, können Aufgaben, wie z.B. die Vorbereitung von Instrumenten, besser vorhergesehen werden, erklärt der Chirurg Jens Peter Hölzen von der Uniklinik Münster, der mit Da Vinci operiert. „Man tritt durch Da Vinci stärker als Team auf, das ist ein großer Vorteil“, sagt Hölzen.