Virtuelles Krankenhaus NRW: Echte Mehrwerte durch Telekonsile

Beate Noeke, Netzwerkkoordinatorin, Virtuelles Krankenhaus Nordrhein-Westfalen (VKh.NRW), beim Operation Karriere-Kongress in Köln am 28.10.2023 © Hanke
Die Digitalisierung bringt viele neue Möglichkeiten mit sich. Beispielsweise erleichtert sie den Austausch von Ärztinnen und Ärzten untereinander. Das Virtuelle Krankenhaus NRW nutzt die Möglichkeiten der Telemedizin, um Patientinnen und Patienten bestmöglich zu versorgen – egal, wo sie sich aufhalten. Wie das genau funktioniert, erklärte die Netzwerkkoordinatorin Beate Noeke beim Operation Karriere-Kongress in Köln am 28.10.2023.

„Stellen Sie sich mal vor, Sie haben in Ihrem Krankenhaus einen sehr behandlungsintensiven Patienten und wünschen sich bei der Behandlung kollegiale Unterstützung”, leitete Noeke ihren Vortrag ein. Das Problem: Vor Ort gebe es niemanden, der bei diesem speziellen Fall weiterhelfen kann. „In diesem Fall ist das Telekonsil ein ganz niederschwelliger Weg, mit anderen Fachleuten interdisziplinär und intersektoral ins Gespräch zu kommen”. Um diesen Austausch zu ermöglichen, wurde das Virtuelle Krankenhaus NRW entwickelt. Bisher ist das Virtuelle Krankenhaus NRW nur ein Projekt. Aber das Ziel sei, in die Regelversorgung aufgenommen zu werden, erklärte Noeke. So gebe es bereits Abrechnungsziffern für die Telekonsile. Auch im Koalitionsvertrag der Landesregierung Nordrhein-Westfalen sei das Virtuelle Krankenhaus verankert und politisch gewollt.

Echte Mehrwerte durch virtuelle Konsile

Kurz gesagt: Das Virtuelle Krankenhaus ist eine Vermittlungs- und Serviceplattform, auf der ein kollegialer Austausch von Ärztinnen und Ärzten ermöglicht wird. Dabei bieten vom Land ausgewiesene Expertinnen und Experten per Videokonferenz und gemeinsamer Fallakte ihre Unterstützung bei schwierigen Fällen an. Auf diesem digitalen Weg werden beispielsweise Arztpraxen mit spezialisierten Kliniken vernetzt. Kommt etwa eine Hausärztin in ihrer Praxis bei einer Diagnose nicht weiter und vermutet, dass es sich um eine seltene Erkrankung handelt, kann sie niederschwellig Unterstützung vom Zentrum für Seltene Erkrankungen am Universitätsklinikum Bonn bekommen. „Das Ziel ist es, alle miteinander auf einfachstem Weg zu verbinden. Damit schaffen wir moderne und zukunftsfähige Versorgungsstrukturen, die es so noch nicht gab”, erklärte Noeke den Mehrwert. Für die Patientinnen und Patienten werde so eine bedarfsgerechte, wohnortnahe und qualitätsorientierte Behandlung geboten – und zwar flächendeckend im ganzen Land, unabhängig vom Standort.

Das Projekt wurde vom Land NRW initiiert und wird auch mit Landesmitteln gefördert. Daher gibt es die Angebote bisher nur in diesem Bundesland – zumindest bis Ende 2024. Langfristig sei es aber das Ziel, die Telekonsile bundesweit flächendeckend anzubieten, wünscht sich die Netzwerkkoordinatorin. Bislang sind die Angebote nur über die Website des Virtuellen Krankenhauses erreichbar, in Zukunft soll es aber auch eine zentrale Serviceplattform geben, auf der noch wesentlich mehr Angebote gebündelt werden können. Dazu zählt auch die Abwicklung der Verträge, die Kundenbetreuung und die technische Infrastruktur. Es gebe auch einen eigenen Datenschutzbeauftragten und einen Onboarding-Prozess für Kliniken und Praxen.

Wie funktioniert das Telekonsil genau?

Die Ärztinnen und Ärzte, die sich über das Virtuelle Krankenhaus austauschen, begegnen sich auf Augenhöhe. Egal, ob Professorin an einem Uniklinikum oder Praxisinhaber auf dem Land, das kollegiale Gespräch steht im Vordergrund. „Man sollte da völlig vorbehaltlos ins Gespräch gehen”, riet Noeke. Das Angebot soll Wissenslücken schließen: Nicht jeder Arzt oder jede Ärztin könne alles wissen und sich in allen Fachgebieten um die neuesten Erkenntnisse kümmern.

Um ins Gespräch zu kommen, vereinbaren beide Seiten entweder einen Termin für eine Videokonferenz, oder sie haben zeitversetzt Zugang zu einer gemeinsamen Fallakte. Welches Vorgehen besser ist, kann je nach Fall individuell entschieden werden. Der behandelne Arzt oder die behandelne Ärztin trägt zunächst die Befunde in die Fallakte ein, dort liegen dann alle Informationen vor. Der Experte oder die Expertin kann sich dann die Fallakte ansehen, entsprechend kommentieren und konkrete Fragen beantworten. Alle mit dem Fall befassten Personen können jederzeit auf die Fallakte zugreifen, natürlich datenschutzkonform. Am Ende der Behandlung wird die Fallakte geschlossen, das kann aber bis zu zwei Jahre dauern.

Was ist das Besondere am Virtuellen Krankenhaus NRW?

Das Virtuelle Krankenhaus ist nicht gewinnorientiert, sondern wurde 2020 als hundertprozentige Tochter des Landes NRW gegründet. Während der Aufbau- und Pilotphase (bis Ende 2024) wird es auch vom Land finanziert. In dieser Zeit werden immer mehr Kliniken und Praxen angeschlossen. Grundsätzlich soll es landesweit verfügbar sein. Es ist schon jetzt im NRW-Krankenhausplan verankert und wird von einem Beirat von Expertinnen und Experten des Gesundheitswesens begleitet. Technisch handelt es sich um eine herstellerneutrale Plattform, bei der auf bewährte und offene Systeme gesetzt wird. „Wir wollen nicht das Bestehende verdrängen, sondern einen neuen Service für alle bieten, die beispielsweise keine Tumorboards haben”, erklärte Noeke.

Bisher bietet das Virtuelle Krankenhaus NRW Telekonsile zu fünf verschiedenen Indikationsgruppen an:

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  • Intensivmedizinische Covid-19-Beratung
  • Long Covid / Post-VAC
  • resektable Lebertumore
  • therapierefraktäre Herzinsuffizienz
  • Seltene Erkrankungen

Was ist für die Zukunft geplant?

In Zukunft soll unter anderem das Leistungsangebot ausgeweitet werden. So sollen beispielsweise die bestehenden Indikationen erweitert und weitere Indikationen aufgenommen werden. Außerdem sollen zusätzliche Einrichtungen und andere Berufsgruppen, wie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, mit eingebunden werden. Und auch technisch ist noch einiges geplant: So soll es künftig beispielsweise auch möglich sein, Vitalwerte aus der Medizintechnik einzubinden und Andwendungen mit Künstlicher Intelligenz zu nutzen.

Quelle: Beate Noeke, Netzwerkkoordinatorin, Virtuelles Krankenhaus Nordrhein-Westfalen (VKh.NRW), “Virtuelles Krankenhaus Nordrhein-Westfalen: Wegbereiter und Partner für Telekonsile”, Operation Karriere in Köln am 28.10.2023

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