PJ-Blog: Aus und vorbei

Nach reichlich Theorie im Studium endlich im PJ in den Alltag eines Arztes eintauchen – ein Traum für jeden Medizinstudenten – oder? Fräulein Licht berichtet regelmäßig auf www.operation-karriere.de von ihren Erfahrungen an der Klinik. Teil 62: "Aus und vorbei".

Liebes Krankenhaus,

echt – es ist vorbei, bye, bye, Medizinstudium. Und das ist gerade ein sehr merkwürdiges Gefühl – irgendwo zwischen großer Freude und tiefer Traurigkeit. Jetzt stehe ich in Düsseldorf am Bahnhof, um nach Münster zurück zu fahren. Wir haben gerade den zweiten und damit letzten Teil des mündlichen Examens hinter uns gebracht. Und nein, man braucht wirklich keine Angst davor zu haben!

Die Prüfer sind ähnlich aufgeregt und verplant, wie die Prüflinge selbst. Der Chirurg war fest davon überzeugt, dass der erste Tag mit der Prüfung am Patienten, Dauer eine Viertelstunde, ausreicht und danach theoretisch, wie im Physikum, in einem extra Raum weiter geprüft wird. Der Prüfungsvorsitzende, ein Internist, wusste zwar, dass der Hauptteil am ersten Tag schon in der praktischen Prüfung am Patienten besteht, aber nicht wie lange man die Untersuchungstechniken vorzeigen sollte. Der Neurologe hatte zwar Ahnung, kam aber bei den Streitereien von Chirurgie-Chefarzt und Internisten-Chefarzt gleich gar nicht zu Wort. Und der Psychiater verhielt sich natürlich neutral und stimmte beiden Seiten irgendwie zu.

Nachdem also in der ersten Viertelstunde der Prüfung angeregt über die Prüfungsmodalitäten diskutiert worden war, konnte es endlich losgehen. Und der in seinem Stolz ein wenig gekränkte Chirurg (denn er hatte das Duell, trotz Neutralität der Psychiatriefraktion, gegen den Prüfungsvorsitzenden verloren) prüfte dann auch gleich mal die Palpation des Herzspitzenstoßes. Natürlich bei mir und natürlich bei einem Patienten mit Adipositas Grad II. Als der Patient dann endlich unter Anstrengung seines ganzen 140 kg Körpergewichts auf der linken Seite lag, hatte der Chirurg keine Lust mehr zu warten und meinte, ich sollte doch lieber mal auskultieren. Also ging das ganze Spiel wieder zurück in die Rückenlage. Dem Internisten fiel dann noch ein, dass man ja die Leber palpieren könnte. Und während ich mich noch durch wogende Massen von Speck und Aszites kämpfte, pupste der Patient. In dieser olfaktorischen Minute des betretenen Schweigens, konnte dann auch endlich der Psychiater die letzte Frage des Tages stellen: Ja, erläutern Sie doch nochmal die fünf Phasen des Sterbens und ich war mir nicht sicher, ob er das gerade auf meine Prüfungssituation bezog oder doch nur allgemein gefragt hatte.

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Zum Abschied sagte der Patient, dass es eine gute und angenehme Untersuchung war und er sich mich als Arzt wünschen würde. Erst habe ich mich sehr darüber gefreut, dann aber sah ich das teuflische Grinsen des Internisten, der sagte: Naja, das werden wir ja morgen noch sehen…
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