Mit KI in die Zukunft: Der Innovative Secure Medical Campus Bonn

PD Dr. med. Daniel Kütting © Bianca Freitag
PD Dr. med. Daniel Kütting, Leitender Oberarzt, Kardio-thorakale Bildgebung und minimal-invasive Therapien, Mitarbeiter des Projekts Innovative Secure Medical Campus, Universitätsklinikum Bonn © Bianca Freitag
Wie kann KI und Digitalisierung das medizinische Arbeiten verbessern? Mit einem zukunftsweisenden Flagship-Projekt geht das Universitätsklinikum Bonn (UKB) voran: Der Innovative Secure Medical Campus (ISMC). Wie dieses Digitalisierungsprojekt abläuft und welche Vorteile es bringt, berichtete PD Dr. med. Daniel Kütting auf dem Operation Karriere-Event in Frankfurt.

Eine ganzheitliche, sichere Digitalisierungslösung am Beispiel eines universitären, klinischen Maximalversorgers – diese Idee verfolgt der Innovative Secure Medical Campus am UKB. Er soll Wege für die Zukunft der digitalen Medizin im Hinblick auf die KI-unterstützte Prozessoptimierung und Präzisionsmedizin aufzeigen. Dafür wird er vom Land Nordrhein-Westfalen mit einer Summe von 17,5 Millionen Euro gefördert. Insgesamt hat der ISMC 16 Teilprojekte, von denen Kütting, selbst leitender Oberarzt für Kardio-thorakale Bildgebung und minimal-invasive Therapien am UKB, vier leitet.

Große Einsparungspotentiale durch KI und Digitalisierung

„Im Jahr 2035 werden 24 Millionen Menschen über 65 Jahre alt sein“, beschrieb Kütting den auf die Medizin zukommenden demografischen Wandel. Für die Krankenkassen und Pflegeversicherungen sei dies immer schwerer zu stemmen. „Dafür müssen wir Lösungen finden“, sagte der Mediziner. Allein durch 26 verschiedene digitale Lösungen im Gesundheitswesen könne man laut einer Untersuchung aus dem Jahr 2018 bis zu 34 Milliarden Euro jährlich einsparen. Dabei liegen die größten Einsparungspotentiale bei der elektronischen Patientenakte, der Teleberatung und der Fernüberwachung chronisch kranker Patientinnen und Patienten. An den meisten größeren Kliniken gebe es zwar elektronische Patientenakten, aber die Kommunikation untereinander funktioniere nicht. Ein Problem dabei sei sicherlich der Datenschutz. „Aber da sind uns andere Länder wie die Niederlande weit voraus“, erklärte Kütting. Deswegen sei ein Paradigmenwechsel in der Medizin nötig.

Aktuell werden – am Beispiel der Radiologie – nicht nur die Bildgebungsverfahren immer besser, präziser und detaillierter, sondern es entsteht auch die Möglichkeit, durch Wearables wie Fitnesstracker und Smartwatches persönliche medizinische Vorgänge zu tracken. „Das wird immer mehr kommen“, prophezeite der Mediziner. Am meisten werde auch die Radiologie von KI profitieren.

Drei wesentliche Kategorien

All diese verschiedenen digitalen oder KI-unterstützten Prozesse werden im „Reallabor“ UKB ausprobiert. Das UKB hat 8.800 Mitarbeitende, die jährlich 450.000 Patientinnen und Patienten versorgen. Mit digitalen Patientenplattformen könnten digital Termine eingetragen werden, wodurch auch verschiedene Abteilungen untereinander kommunizieren können und ein Patient oder eine Patientin beispielsweise nur einmal in die Klinik kommen müsse. „Das ist KI-gesteuert und ressourcenschonend“, erklärte Kütting. Außerdem hätten sie in einem sogenannten „Data Lake“ eine Masse an Daten wie bildgebende, Behandlungs- oder histologische Daten. „Wir müssen diese Daten für einen holistischen Ansatz auf einer Plattform haben, um in der Lage zu sein, aus diesen Daten möglichst viel zu lernen.“

Am UKB Campus gebe es beispielsweise einen „Digital Twin“ für Teilorgane von Patientinnen und Patienten, um Therapien digital zu prüfen, bevor man sie tatsächlich durchführt. Die Themen des ISMC lassen sich in drei wesentliche Kategorien einteilen:

  • Prozessoptimierung/Digitalisierung entlang der Patienten-Journey: zum Beispiel digitaler Vorabend-Check-In, Smart Parking, digitales Patientenleitsystem
  • KI-Integration in Diagnose und Therapie: zum Beispiel Digital Twin, Robotik, Ad hoc-Tumor-Boards
  • Cyper Security by Design: zum Beispiel Resilienz gegenüber Cyber-Angriffen

„Pro Tag gehen an der Uniklinik Bonn etwa 80.000 E-Mails ein“, sagte Kütting. „Davon sind 72.000 Spam und Phishing-Mails.“ Pro Jahr gebe es am UKB etwa 1,5 Millionen Angriffe auf die Data Security. Auf diese Cyber-Angriffe müssen Kliniken und Unternehmen zukünftig immer mehr achten.

Einsatz von KI und Robotik

Und wie kann die KI im Klinikalltag helfen? „Wir müssen uns überlegen, was wir an die KI an Teilbereichen und Aufgaben abgeben können, wo der Mensch gar nicht so gut ist“, erklärte der Radiologe. Daten vorbereiten oder segmentieren könne die KI sehr gut und dadurch viel Arbeit abnehmen. Eine gute Möglichkeit sei der KI-Einsatz in der Tumordiagnostik. Bisher hätten zwei Radiologinnen oder Radiologen unabhängig voneinander einen Tumor bestätigen müssen, bevor der Befund herausgegeben wurde. „Ersetzt man aber den zweiten Radiologen durch eine KI, steigt die Sensitivität und die falsch-positive Rate steigt nicht.“

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Auch der Einsatz von Robotik ist am ISMC etabliert. In der Radiologie helfe die KI und die Robotik bei der Planung und Durchführung von Gefäßeingriffen. Der Radiologie oder die Radiologin steuere die Intervention per Joystick und könne auf das Tragen eines Bleischutzes verzichten. Das reduziere die Strahlenbelastung signifikant und erlaube eine exakte Kathetersteuerung, Medikamentenapplikation und Positionierung von Devices.

„Wir wollen durch KI und Digitalisierungsprozesse Therapien für die Patientinnen und Patienten verbessern“, fasste Kütting zusammen. Die Möglichkeiten, an solchen Projekten wie dem ISMC mitzuarbeiten, sei sehr erfüllend.

 

Quelle: Vortrag „Innovative Secure Medical Campus“, PD Dr. med. Daniel Kütting, Leitender Oberarzt, Kardio-thorakale Bildgebung und minimal-invasive Therapien, Mitarbeiter des Projekts Innovative Secure Medical Campus, Universitätsklinikum Bonn, Operation Karriere Frankfurt 15.06.2024

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