Trotz Stau, vorne mit dabei

privat/DÄV
Rettungsgassen lassen häufig zu wünschen übrig. Das hat unser Operation Karriere-Blogger Laurin Gerdes in seiner Zeit beim Rettungsdienst immer wieder festgestellt. Laurin hat im Bundesfreiwilligendienst als Rettungssanitäter gearbeitet. Mit welchem nicht-medizinischen Problem er und sein Kollege bei einem Einsatz noch zu kämpfen hatten, nämlich neugierige Zuschauer bei Rettungseinsätzen und wie sich diese auf die Rettungskräfte auswirken, erzählt er in diesem Beitrag.

Die Zeit meines Freiwilligendiensts schreitet voran und die Schichten auf den Rettungswachen häufen sich. Neben vielen kleineren und primär harmlosen Einsätzen ereignen sich natürlich auch immer wieder schwerwiegendere Einsätze, jedoch muss man sagen, dass in der ländlichen Region, in der ich tätig bin, nur wenig Spektakuläres passiert. Zumindest dachte ich das immer.

Nach der routinemäßigen Reinigung der Rettungsfahrzeuge, die bei uns standardmäßig freitags stattfand, fahren mein Kollege und ich für eine kurze Pause zum Bäcker. Der Kollege ist schon ein alter Hase, was den Rettungsdienst angeht und er kann zudem auf eine beachtliche Bundeswehr-Karriere zurückblicken, durch die er sich unter anderem seine sehr strukturierte und schematische Arbeitsweise aneignete. In vielen Einsätzen hat sich dieses strukturierte und vor allem Leitlinien-getreue Vorgehen immer wieder ausgezahlt. Gerade in Situationen, die sich selbst für erfahrenes Rettungsdienst-Personal herausfordernd gestalteten, helfen klare Worte und ein systematisches Vorgehen immens, alle wichtigen Maßnahmen und Behandlungsmethoden durchzuführen.

Mangelnde Rettungsgasse

Nach unserer Brezel-Pause fahren wir wieder zurück Richtung Wache, als wir zu einem Verkehrsunfall auf der nahegelegenen Autobahn alarmiert werden. Es sei ein Autounfall mit 3 verletzten Personen gemeldet. Nach einer kurzen Anfahrt erreichen wir die Autobahnauffahrt und erkennen direkt, dass sich der Verkehr bereits auf die Umleitungsstraßen zurückstaut. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass zudem aktuell auf dem entsprechenden Abschnitt der Autobahn eine Dauerbaustelle eingerichtet ist, die uns die Anfahrt zur Einsatzstelle vermutlich nicht unbedingt erleichtern wird. Nach einem anfänglichen Slalomfahren über die Auffahrt der Autobahn, erreichen wir den Beginn der Baustelle, in der sich der Unfall ereignet haben soll. Die Rettungsgasse ist, wie leider üblich, nur mäßig gut ausgebildet, weshalb wir nur langsam vorankommen. Als Beifahrer sitze ich recht entspannt im Fahrzeug, merke jedoch, dass mein Kollege innerlich brodelt und sich berechtigterweise über eine mangelnde Rettungsgasse beschwert.

Schließlich erreichen wir nach einer 15-minütigen Fahrt die Einsatzstelle und beginnen, uns einen Überblick zu verschaffen. Eine Frau scheint schwerer verletzt zu sein, weshalb wir dort direkt mit der Behandlung beginnen. Schnell wird klar, dass zur Rettung der Frau ein Spreizgerät der Feuerwehr nötig wird, die sich ebenfalls auf der Anfahrt zum Einsatzort befindet. „Wie soll die Feuerwehr nur mit den großen Fahrzeugen durch diese spärliche Rettungsgasse kommen?“, denke ich. Mein Kollege weist mich an, den Rettungswagen näher an die Unfallstelle heranzufahren, damit wir direkt mit unserer Rettungstrage an das verunfallte Auto heranfahren können und damit die größeren Feuerwehrfahrzeuge Platz zum Parken haben. Ich fahre mit unserem Rettungswagen einige Meter Richtung Unfall vor und wundere mich über einen grauen Kombi, den ich bisher noch nicht registriert hatte. Ein mittelalter, bärtiger Mann steht in dessen Nähe und trägt eine Fotokamera um den Hals. „Das ist doch wieder die Presse“, ärgere ich mich und frage mich gleichzeitig, wie es sein kann, dass dieser Pressemitarbeiter überhaupt durch den Stau bis an den Unfall heranfahren konnte.

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Verständnis und Respekt fehlen manchmal

Ich bereite den Transport vor und nähere mich dann wieder dem Unfallort, als ich meinen Kollegen wutentbrannt im Gespräch mit besagtem Zeitungsreporter vorfinde. Später finde ich heraus, dass der Pressemitarbeiter meinen Kollegen beim Legen eines venösen Zugangs gefragt hatte, ob bereits näheres zum Unfallhergang bekannt sei. Die Reaktion meines Kollegen darauf kann ich deshalb durchaus verstehen. Einige Minuten später treffen Mitarbeitende der Feuerwehr ein, die wir kurzum damit beauftragen, den Kollegen der Presse aus dem Unfallbereich fernzuhalten. Auch wenn es sich bei Vorfällen wie diesem sicherlich um Ausnahmefälle handelt, kam es in meiner Rettungsdienstzeit vor diesem Ereignis leider immer wieder zu solchen Zwischenfällen. Eine ähnliche Geschichte habe ich darüber bereits in einem anderen Blogartikel erzählt.

Glücklicherweise erlitt die Patientin im erwähnten Autounfall nur leichtere Brüche und konnte bereits am Einsatzort stabilisiert und für den Transport in die Klinik vorbereitet werden, jedoch zeugte das Verhalten des Reporters weder von Respekt, noch von Verständnis gegenüber seiner Mitmenschen.

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