Gender Pay Gap: In der Medizin besonders groß

Eine Waage aus Holz zeigt ungleich verteilte Münzstapel, symbolisiert durch die Geschlechterzeichen für Mann und Frau.
© calypso77 – Adobe Stock
Wie viel können angestellte Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Sektor verdienen? Und was ist ihnen in diesem Bereich besonders wichtig? Eine aktuelle Umfrage der apoBank liefert nicht nur diese Antworten, sondern zeigt auch, wie groß der Gender Pay Gap in der Medizin tatsächlich ist.

Wer als Arzt oder Ärztin in einer Klinik arbeitet, weiß oft vorher schon, welches Gehalt später auf dem Konto landet. Denn in vielen Kliniken gelten Tarifverträge oder Vereinbarungen, die sich an geltenden Tarifverträgen orientieren. Doch wie sieht es bei ambulant tätigen Medizinerinnen und Medizinern aus, auch gerade in ländlichen Regionen? Zu diesen Aspekten führte die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) gemeinsam mit DocCheck Research eine Umfrage durch.

Stadt oder Land: Unterschied beim Gehalt

Im Jahr 2024 arbeiteten etwa 64.000 Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich, dazu zählen Praxen, Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und Berufsausübungsgemeinschaften (BAG). Dabei ist der Großteil von ihnen in ländlichen Regionen bereits älter als 50 Jahre, während Jüngere tendenziell in Großstädten tätig sind. Monetär wirkt sich der Unterschied zwischen Großstadt und Land auch aus: Während Fachärztinnen und -ärzte in der Großstadt durchschnittlich 95.100 Euro pro Jahr verdienen, landen bei ihren Kolleginnen und Kollegen in Kleinstädten oder auf dem Land 103.000 Euro auf dem Konto. Ebenso verdienen Hausärztinnen und -ärzte in ländlichen Regionen mit 94.600 Euro rund 6.400 Euro mehr als in der Großstadt. „Viele Mediziner in ländlichen Regionen, die in den Babyboomer-Jahren geboren sind, gehen in den nächsten Jahren allerdings in Rente“, sagte Nicole Wortmann, Leiterin des Bereichs Gesundheitsmarkt bei der apoBank. Somit würden sich aufgrund fehlenden Personals die Perspektiven für junge Ärztinnen und Ärzte auf dem Land noch weiter verbessern.

Praxisgröße und Vergütungsmodell

Ausschlaggebend für die Höhe des Gehalts ist laut Umfrage der Fachbereich. Durchschnittlich verdienen Fachärztinnen und -ärzte für Chirurgie und Orthopädie mit 110.000 Euro jährlich am meisten. Außerdem ist ihre Wochenarbeitszeit mit durchschnittlich 38,3 Stunden am höchsten. Am geringsten ist das Gehalt in der Pädiatrie mit durchschnittlich 76.400 Euro pro Jahr.

Zusätzlich beeinflusst sowohl die Praxisgröße als auch das Vergütungsmodell den Betrag, der auf dem Konto landet. Während Fachärztinnen und -ärzte in einer Einzelpraxis im Durchschnitt 80.200 Euro jährlich verdienen (Hausärzte/-innen: 93.900 Euro), erhalten sie in einem MVZ 107.800 Euro (Hausärzte/-innen: 98.500 Euro). Sind sie dann noch am Umsatz beteiligt, können sie mit etwa einem Drittel mehr Gehalt rechnen als Medizinerinnen und Mediziner, die ein Festgehalt beziehen. Dabei kommen Umsatzbeteiligungen mit 35 Prozent besonders häufig in MVZ vor und insbesondere in den Fachbereichen Chirurgie/Orthopädie und HNO. Allerdings erhalten 69 Prozent der ambulant angestellten Ärztinnen und Ärzte ein Festgehalt ohne Umsatzbeteiligung.

Gender Pay Gap liegt über Bundesdurchschnitt

Auffällig groß sind die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen. Laut Umfrageergebnisse erhalten Hausärzte 28 Prozent mehr Bruttojahresfestgehalt als ihre weiblichen Kolleginnen. Fachärztinnen verdienen 12 Prozent weniger als Fachärzte. Dabei arbeiten Männer in Vollzeit etwa zwei Stunden mehr als Frauen, ebenso liegen sie bei den Überstunden rund zwei Stunden vorn. Durchschnittlich kommt es laut Umfrage zu einem Gender Pay Gap von 21 Prozent. Im bundesweiten Durchschnitt lag die Gehaltslücke laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2024 bei 16 Prozent.

Eine mögliche Erklärung dafür sieht Wortmann in der möglichen Bereitschaft von Ärztinnen, auf Gehalt zu verzichten, wenn sie dafür bessere Leistungen wie flexible Arbeitszeitmodelle erhalten. Darüber hinaus hätten Männer durchschnittlich mehr Berufserfahrung, da sie seltener aufgrund familiärer Verpflichtungen pausieren als Frauen.

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Was neben dem Gehalt noch wichtig ist

Dabei spielt die Höhe des Gehalts sowohl für Männer (76 Prozent) als auch für Frauen (63 Prozent) eine große Rolle für die allgemeine Arbeitszufriedenheit. Zufrieden sind mit ihrem Gehalt nur 38 Prozent der befragten Ärztinnen, bei den Ärzten sind es 47 Prozent. Obwohl mehr als die Hälfte der Medizinerinnen und Mediziner mit ihrer Gehaltssituation unzufrieden ist, haben nur etwa 30 Prozent von ihnen die Möglichkeit, regelmäßig mit ihren Vorgesetzten über dieses Thema zu sprechen.

Aber was ist ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten abseits des Gehalts noch wichtig? An erster Stelle stehen hier laut Umfrage klar die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Mehr als 80 Prozent der Befragten wünschen sich diese, bei mehr als 70 Prozent von ihnen werden sie vom Arbeitgeber auch angeboten. Direkt darauf folgt für rund 70 Prozent der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeitmodellen. Angeboten werden diese aber nur für weniger als die Hälfte der Befragten. Außerdem könnten Arbeitgeber laut Wortmann einfach an Attraktivität gewinnen, wenn sie ihrem ärztlichen Personal eine betriebliche Altersvorsorge ermöglichen. Derzeit bieten das weniger als ein Drittel der Arbeitgeber an, während es für knapp die Hälfte der Befragten ein wichtiger Aspekt ist.

Zum Hintergrund

An der Umfrage der apoBank beteiligten sich insgesamt 700 ambulant angestellte Ärztinnen und Ärzte. Davon waren 350 Hausärztinnen oder -ärzte und 350 Fachärztinnen oder -ärzte, letztere aus den Fachbereichen Augenheilkunde, Chirurgie und Orthopädie, Dermatologie, Gynäkologie, HNO, Innere Medizin sowie Pädiatrie. DocCheck Research (Köln) führte die repräsentative Befragung durch.

Quelle: apoBank

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