Die Kunst der Kommunikation als Arzt oder Ärztin

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jalid Sehouli
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jalid Sehouli © Hanke
Als Arzt oder Ärztin führt man täglich mehrere Patientengespräche – oft unter Zeitdruck. Gerade bei schlechten Nachrichten kann das zum Problem werden. Doch man kann lernen, schlechte und gute Nachrichten gut zu überbringen. Wie das gelingen kann, erklärte Prof. Dr. Jalid Sehouli auf dem Operation Karriere-Kongress in Berlin.

„Ich freue mich immer, wenn ich Menschen sehe, die sich auf den Weg machen, Medizin zu berühren“, verriet Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jalid Sehouli, Direktor der Klinik für Gynäkologie mit Zentrum für onkologische Chirurgie (CVK) und Klinik für Gynäkologie (CBF) an der Charité, zu Beginn seines Vortrags. Denn dafür brauche es viel mehr als nur Technik.

Das System sei sehr lieblos, sagte der Krebsspezialist weiter. Aus diesem Grund sei die Kommunikation ein essenzieller Teil, dem man sich stellen müsse. Das Problem sei, dass das Thema „überbringen schlechter Nachrichten“ und die Kommunikation allgemein als selbstverständlich wahrgenommen werde. Dabei sei die Kommunikation das Rückgrat jeder medizinischen Maßnahme.

Dem Zeitdruck keine Chance geben

Erst kürzlich hat er eine Studie zu diesem Thema im International Journal of Gynecological Caner publiziert. Eines der Ergebnisse war, dass ganz viele Studierende Angst vor dem Überbringen schlechter Nachrichten haben und versuchen, sich ohne Struktur auf die andere Seite zu retten. „Es gibt keine Struktur. Es gibt keine Supervision“, erklärte Sehouli. „Es gibt nur eine Ignoranz zu diesem Thema.“ Aber die Studienergebnisse konnten noch mehr zeigen: Wenn man sich mit der Kommunikation beschäftige, sei die Chance höher, nicht so viel Angst zu haben. Außerdem gelinge jene dann auch besser.

Natürlich sei die Zeitnot immer ein Problem im ärztlichen Beruf. „Aber Sie können das lernen. Sie können das trainieren“, sagte der Mediziner. Wichtig sei, die andere Perspektive der Patientinnen und Patienten einzunehmen. Sehouli gab den Teilnehmenden den Rat, sich selbst zu beobachten und den anderen Menschen auf keinen Fall zu bewerten. Die Kunst in der Kommunikation sei, sich auf die Beziehung zu konzentrieren und sich nicht über die reine Inhaltsebene zu definieren. Auch ein schlechtes Gespräch lasse sich reparieren, verriet der Krebsspezialist. Wenn man merke, dass ein Gespräch schlecht laufe, habe man aus seiner Sicht zwei Möglichkeiten:

  • Gespräch an einen Kollegen oder eine Kollegin delegieren
  • Gespräch für den Moment abbrechen und später neu ansetzen

„Ich kann Ihnen sagen, das funktioniert immer“, sagte Sehouli. Es komme nicht sehr häufig vor, sei aber eine gute Möglichkeit, die Kommunikation in solchen Fällen richtig zu lenken.

Aus den guten Nachrichten lernen

Zu einer Kommunikation gehören immer zwei Menschen, es gehe nicht nur mit einer Seite. Beide Parteien müssten bereit sein, in eine kommunikative Beziehung miteinander zu gehen. Ohne Selbstverantwortung sei dies nicht möglich und natürlich brauche man dafür ein gewisses Maß an Energie.

„Ich möchte Sie motivieren, mit der Kommunikation zu experimentieren“, appellierte der Mediziner. Man solle sich die Fragen stellen: Welcher Stil, welche Art der Kommunikation passt zu mir? Wo habe ich Schwierigkeiten? Wie kann ich es besser machen? Die meisten Kommunikationskatastrophen würden so ablaufen, dass man sie zwar merke, aber an ihnen vorbeilaufe und hoffe, dass sie keine negativen Auswirkungen nach sich ziehen. Aber damit werde man selbst nicht besser.

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Gleichzeitig lerne man aber nicht nur aus dem Überbringen schlechter Nachrichten. Im Gegenteil überbringe man als Arzt oder Ärztin eigentlich viel mehr positive als negative Nachrichten – allerdings ohne dies zu merken. Hier hatte Sehouli einen Tipp für die jungen Kolleginnen und Kollegen: Sie sollen ein Tagebuch zu ihren Patientengesprächen führen und festhalten, ob es ein gutes oder schlechtes Gespräch und eine gute oder schlechte Nachricht war „Sie werden überrascht sein, dass Sie viel mehr gute Nachrichten übermitteln, ohne dass Sie und die Patienten das merken“, prophezeite der Mediziner. Es sei wichtig, auch die guten Dinge festzuhalten. So könne man sich auch mit den Patienten zusammen über die Nachrichten freuen. „Das Destillat ist: Wir sind alle nur Menschen“, schloss er seinen Vortrag.

Quelle: Vortrag „Schlechte und gute Nachrichten gut überbringen“, Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jalid Sehouli, Direktor der Klinik für Gynäkologie mit Zentrum für onkologische Chirurgie (CVK) und Klinik für Gynäkologie (CBF), Charité Berlin, Operation Karriere Berlin 09.12.2023

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