Die Arbeit als Gesundheitsökonom

Fast jeder Zweite ist laut einer Forsa-Umfrage mit dem deutschen Gesundheitssystem unzufrieden. Als Arzt oder Ärztin kannst du dein medizinisches Wissen nutzen, um hier etwas zu verändern: als Gesundheitsökonom. Was zu den Aufgaben gehört und welche nicht-medizinischen Fähigkeiten du mitbringen solltest, beschreibt unsere Bloggerin Alena in ihrem neuen Beitrag.

Es ist Freitagabend, das Wochenende wird eingeläutet und zwischen Beer-Pong und Smalltalk packen deine Freunde ihre Karrierepläne aus. Während einige von Unfallchirurgie oder Dermatologie in der eigenen Praxis träumen, drängt sich dir – schon länger genervt von den Ineffizienzen im medizinischen Dasein – die Frage auf: „Was, wenn ich mein medizinisches Wissen einfach nutzen könnte, um Gesundheitssysteme effizienter zu machen?“

Hier kommt die Gesundheitsökonomie ins Spiel. Klingt nach trockener Theorie? Weit gefehlt! Denn es ist ein Bereich, der Medizin und Wirtschaft verbindet und dir die Möglichkeit gibt, das Gesundheitswesen von einer ganz neuen Seite zu gestalten. Doch passt man da nach einem Medizinstudium direkt hinein? Lass uns schauen, was es braucht und wie du als Mediziner die Welt der Gesundheitsökonomie erobern kannst.

Was macht ein Gesundheitsökonom?

In der Klinik behandelst du Patienten direkt – in der Gesundheitsökonomie arbeitest du an den Rahmenbedingungen. Statt mit Stethoskop, Skalpell und Kurven jonglierst du hier mit Daten, Analysen und Strategien. Als Gesundheitsökonom beschäftigst du dich damit, wie mit begrenzten Mitteln die bestmögliche Gesundheitsversorgung erreicht werden kann. Zu abstrakt? Okay, stell dir vor, du analysierst, ob ein neues Medikament auch tatsächlich seinen Preis wert ist, oder hilfst, Krankenhausbudgets effizienter zu nutzen. Länder wie Deutschland geben Milliarden für Gesundheit aus. Gesundheitsökonomen sorgen dafür, dass dieses Geld sinnvoll eingesetzt wird und Patienten auch wirklich zugutekommt.

Das brauchst du

Als Mediziner hast du einen riesigen Vorteil: Du verstehst die klinischen Abläufe und Patientenbedürfnisse, weil du sie selbst direkt erlebt hast. In der Gesundheitsökonomie kannst du dieses Wissen nutzen und wirst zur Brücke zwischen Medizin und Management. Um in diesem Feld erfolgreich zu sein, brauchst du eine Mischung aus Fähigkeiten:

  • Analytisches Denken, um Daten zu verstehen und komplexe Zusammenhänge zu durchschauen
  • Starke Kommunikationsfähigkeiten, damit du Ergebnisse auch für Nicht-Mediziner wie Politiker und Manager verständlich erklären kannst
  • Medizinisches Wissen, dein absoluter USP, denn dein Verständnis für klinische Abläufe ist Gold wert
  • Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen, denn hier geht es um Ökonomie und strategisches Denken

Zwar gibt es eigene Master in Gesundheitsökonomie, aber auch ohne solche Abschlüsse hast du nach dem Medizinstudium bereits eine solide Basis und kannst in gesundheitsökonomisch geprägten Tätigkeitsfeldern arbeiten, wie etwa in der medizinischen Nutzenbewertung, bei Krankenkassen oder in der Versorgungssteuerung.

Willst du allerdings tiefer in klassische gesundheitsökonomische Themen wie Kosten-Nutzen-Analysen und Reimbursement einsteigen, brauchst du Statistikkenntnisse, Grundlagen der Ökonomie – und je nach Stelle auch einen entsprechenden Master. Weiterbildung ist also definitiv gefragt, wobei sich vieles berufsbegleitend machen lässt. Dafür warten spannende Fragestellungen auf dich:

  • Ist es langfristig günstiger, bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen früh Biologika einzusetzen, statt auf konventionelle Eskalation zu setzen – trotz höherer Initialkosten?
  • Wie lässt sich der Einsatz von Minoxidil oder 5-alpha-Reduktase-Hemmern wie Finasterid bei androgenetischer Alopezie gesundheitsökonomisch rechtfertigen – Lifestyle-Medikament oder legitime Maßnahme zur Prävention psychischer Belastung?
  • Und könnte man depressive Patienten nicht viel gezielter versorgen, wenn man zuerst digitale Programme oder Gruppentherapie nutzt und Einzeltherapie nur dann anbietet, wenn es wirklich nötig ist?

Stabile Karriere mit großem Hebel

Eine Sache haben eine klassische Arztkarriere und die in der Gesundheitsökonomie aber definitiv gemeinsam: Ein Job ist dir quasi sicher. Denn die Nachfrage nach Gesundheitsökonomen steigt, da Gesundheitssysteme weltweit vor Herausforderungen stehen – Stichwort „alternde Gesellschaft“.

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Und: Du kannst auch hier Leben verändern. Zwar nicht am einzelnen Patientenbett, aber dafür im großen Maßstab – dort, wo Strukturen geschaffen, Ressourcen verteilt und Entscheidungen getroffen werden, die Tausende betreffen. Wenn du Medizin nicht nur im Kleinen, sondern im System verbessern willst, ist die Gesundheitsökonomie vielleicht genau dein Weg.

 

Anmerkung: Aus Gründen der Lesbarkeit wird in dieser Artikelreihe auf Gendern verzichtet. Selbstverständlich sprechen wir beide Geschlechter – und alles dazwischen und außerhalb – an.

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