“Uns steht ein gewaltiger Wandel bevor”, erklärte Rohmeiss dem Publikum im Hörsaal der SRH Hochschule Heidelberg. Unter anderem seien die geplanten Krankenhausschließungen und der Hausarzt- und Fachärztemangel Themen, die den Arztberuf der Zukunft prägen werden. Doch ein Grund für Schwarzmalerei sei das nicht – Pessimismus habe es auch schon vor 20 Jahren gegeben. Man könne für die Zukunft daher einiges aus der Vergangenheit lernen.
Rohmeiss begann mit einem Beispiel aus seinem Fachbereich, der Nephrologie: Während die Nierenheilkunde früher ein rein klinisches Fach gewesen sei, habe sie dann in Form von Dialysepraxen den Weg in den ambulanten Bereich gefunden. Nun kehren die niedergelassenen Fachärzte in die Kliniken zurück und übernehmen dort intensivmedizinische Leistungen, die sich die Kliniken nicht mehr leisten können. In anderen Bereichen, wie der Radiologie, gebe es eine ähnliche Entwicklung. In den Niederlanden sei es beispielsweise schon heute üblich, dass Zusammenschlüsse von niedergelassenen Fachärzten Kliniken ihre Leistungen zur Verfügung stellen.
Klassische Niederlassung – ein Auslaufmodell?
Rohmeiss wagte auch einen Blick in die Zukunft: Eine Konzentration im Bereich der Primärversorgung auf Krankenhäuser und Polikliniken werde es auch künftig nicht geben – es werde auch weiterhin dezentrale Strukturen und eine wohnortnahe Versorgung geben, prognostizierte er. Allerdings sei der klassische niedergelassene Arzt ein Auslaufmodell; künftig werde es keine Einzelkämpfer mehr geben. Schon jetzt gebe es viele verschiedene Kooperationsmöglichkeiten – von der Anstellung in einer Praxis bis zur Gemeinschaftspraxis.
Rohmeiss selbst ist Geschäftsführer der ze:roPRAXEN GbR – eines Praxenverbundes in der Rhein-Neckar-Region. Hier haben sich niedergelassene Ärzte verschiedener Fachgebiete zu einer größeren Struktur verbunden, die viele verschiedene Arbeitsmodelle ermögliche, erklärte er. Es gebe Teilzeitmodelle, Vollzeitmodelle, Praxisgründungen mit Eigenkapital oder als Juniorpartnerschaft oder auch Ärzte, die ein Leben lang angestellt arbeiten.
Werbung
Zwei neue Player auf dem medizinischen Spielfeld
Die Zukunft werde vor allem von Teamwork und flacheren Hierarchien geprägt, prophezeite Rohmeiss. Im ambulanten Bereich gebe es das schon, aber auch in den Kliniken seien die aktuellen hierarchischen Strukturen nicht zukunftsfähig. Vor allem zwei neue Entwicklungen werden die Zusammenarbeit dabei drastisch verändern:
- Akademisierung der Pflegeberufe: Durch neue akademische Berufsbilder wie z.B. Physician Assistans (PAs), aber auch Bachelor, Master, Doktoren und sogar Professoren im Pflegebereich können ärztliche Leistungen künftig stärker delegiert werden.
- Künstliche Intelligenz als dritter Player: Außerdem werde es in wenigen Jahren immer mehr und immer bessere digitale Systeme geben, die Diagnosen und andere ärztliche Aufgaben übernehmen können. Schon jetzt gebe es gute Diagnoseprogramme: “In drei Jahren wird es die ersten Google- und Amazon-Ärzte geben”, prophezeite Rohmeiss.
“Patientendaten gehören nur in die Hände von Ärzten und Patienten und sollten nicht an Dritte weitergegeben werden – auch nicht über praktische Apps, forderte Rohmeiss in diesem Zusammenhang. Er beendete seinen Vortrag mit einem hoffnungsvollen Wunsch an die kommende Ärztegeneration:”Seien Sie offen – Ihnen steht eine faszinierende Zukunft bevor. ”
Quelle: Operation Karriere-Kongress Heidelberg, 7.12.2019, Vortrag: “Der Arztberuf im Wandel – Perspektiven und Herausforderungen im ambulanten Bereich”, Prof. Dr. med. Peter Rohmeiss, Geschäftsführer der ze:roPRAXEN, Schwetzingen.