Generation Z: Was wollen junge Ärztinnen und Ärzte?

PD Dr. med. Lukas Zimmerli, Departementsleiter und Chefarzt Innere Medizin, Kantonsspital Olten, Schweiz
PD Dr. med. Lukas Zimmerli, Departementsleiter und Chefarzt Innere Medizin, Kantonsspital Olten, Schweiz © Bianca Freitag
Generation arbeitsunfähig? Verzogen, verweichlicht, verletzt? Bücher mit solchen Titeln findet man momentan, wenn es um die Generation Z und die Arbeitswelt geht. Aber stimmt das überhaupt? Wie das Zusammenspiel der unterschiedlichen Generationen von Ärztinnen und Ärzten in der Klinik funktioniert und was sie voneinander lernen können, erklärte PD Dr. Lukas Zimmerli auf dem Operation Karriere-Event in Frankfurt.

Wer zwischen 1995 und 2010 geboren wurde, gehört zur sogenannten Generation Z. „Die sind verschmolzen mit ihrem iPhone“, sagte Zimmerli, Departementsleiter und Chefarzt Medizin, Kantonsspital Olten in der Schweiz, zu Beginn schmunzelnd. Sie hätten eine Aufmerksamkeitsspanne von gerade einmal acht Sekunden, das sei weniger als die eines Goldfisches.

Arbeiten ja – aber nicht um jeden Preis

Generation Z wolle sich nicht langweilen, sondern unterhalten werden. Alles, was sie nicht unmittelbar interessiere, werde gnadenlos weggewischt oder weggeklickt. Das sei wahrscheinlich der größte Unterschied zu der Generation von Chefärzten, die man derzeit größtenteils noch in den Kliniken antreffe. Denn diese gehören zur Generation der sogenannten Baby-Boomer (geboren ca. 1950-1965). „Die Baby-Boomer leben, um zu arbeiten“, erklärte Zimmerli. Auch die Generation X (geboren ca. 1966-1980) arbeite noch zu viel. Teilzeit und der Begriff „Work-Life-Balance“ sei erst mit der Generation Y (geboren ca. 1981-1996), in die Klinik gekommen.

Die große Frage, die sich dann stellt: Will die junge Generation Z überhaupt noch Medizin studieren? Welche Aspekte spielen beispielsweise für Abiturientinnen und Abiturienten eine Rolle, wenn es um die Wahl eines Studienfaches geht? Zimmerli hat dafür eine Untersuchung unter Schweizer Gymnasiastinnen und Gymnasiasten durchgeführt. Seine Hypothesen: Medizinstudieren haben meist eine höhere intrinsische Motivation, allein weil sie die Hürden einen hohen Numerus Clausus (NC) nehmen müssen. Außerdem seien Medizinstudierende mehr leistungs- und karriereorientiert als andere Studierende.

Die Studienergebnisse auf einer Skala von eins bis zehn (10 = sehr wichtig) zeigen, dass die Wahl des Studiengangs klar vom Interesse am Fach abhängig ist. Beim Studiengang Medizin liegt dieser Wert bei 8,32. Darüber hinaus lege Generation Z besonders viel Wert auf Jobsicherheit (6,55). „Außerdem steht für Medizinstudierende die Sinnhaftigkeit im Vordergrund“, erklärte Zimmerli die Ergebnisse weiter. Hier liegt der Wert mit 6,55 bei Medizinstudierenden beispielsweise deutlich höher als bei Jurastudierenden (4,51). Helfen und heilen zu wollen, sei eine der größten Motivationen, ein Medizinstudium zu beginnen.

Das braucht GenZ im Klinikalltag

Trotz dieser positiven Aspekte sieht die Realität anders aus: Ein Drittel der Medizinstudierenden verlässt in den ersten fünf Jahren nach dem Abschluss die Medizin. „Wir sind auf Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland angewiesen“, verrät der Schweizer. Sonst könne das Gesundheitssystem nicht mehr funktionieren. Die Frage sei jetzt nur, wie die Arbeit und die Stellen für die junge Generation geschaffen sein müssen, um weiterhin attraktiv zu sein. Denn Generation Z brenne für den Beruf, aber sie wolle nicht ausbrennen.

Zimmerli stellte einige Punkte dar, die dabei helfen, dass Generation Z nicht die Lust an der Medizin verliert. Im Klinikalltag brauchen sie:

  • Feedback: Generation Z wolle Feedback. Kein Lob, sondern konkretes Feedback, sowohl zu fachlichen als auch nicht-fachlichen Aspekten wie „Was habe ich gut gemacht? Worauf soll ich das nächste Mal achten? Wie habe ich gewirkt?“. Die jungen Ärztinnen und Ärzte sollten das Feedback aktiv einfordern, denn die ältere Generation sei es oft nicht gewohnt, konstant Feedback zu geben.
  • Psychologische Sicherheit: Junge Medizinerinnen und Mediziner sollten zu Unsicherheiten und Ängsten stehen dürfen, ohne Sorge davor zu haben, vor dem gesamten Kollegium zurechtgewiesen zu werden.
  • Physician Wellbeing: Trotz hoher Arbeitsbelastung darf es nicht die Gefahr des Ausbrennens geben, beispielsweise auch bei schwierigen und belastenden Erlebnissen im Arztberuf.
  • Onboarding: Wie arbeitet man die jungen Kolleginnen und Kollegen ein? Wie kommen sie ins Team und wie arbeiten sie als Team zusammen? Solche Aspekte können nicht in einer einzelnen Einführungswoche abgehakt werden. „Der Team-Spirit ist wichtig“, betonte Zimmerli. Das könne auch außerhalb des Klinikalltages in der Freizeit stattfinden, indem man beispielsweise zu gemeinsamen Aktivitäten treffe.
  • Pausen: Bewusste Pausen im Arbeitstag seien wichtig. Allein durch eine gemeinsame Tasse Kaffee könne man sich untereinander austauschen und das Team- und Gemeinschaftsgefühl stärken.
  • Digitalisierung: „Sie müssen die Administration abbauen“, mahnte Zimmerli. Einen Teil der Arbeit verbringen man hinter dem Bildschirm und diese Zeit müsse man sich so angenehm wie möglich gestalten.
  • Adressatengerechte Kommunikation: Wie schafft man es, dass die verschiedenen Generationen im Klinikalltag untereinander ohne Missverständnisse kommunizieren, und wie schafft man einen guten Umgang miteinander? Hier seien besonders die Führungskräfte in der Verantwortung.

Natürlich könne man nicht alles auf einmal umsetzen, aber man müsse einen Blick darauf haben. „Kliniken, die das nicht tun, werden Mühe in der Rekrutierung der Generation Z haben“, schloss Zimmerli.

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Quelle: Vortrag „Generation Z im Klinikalltag“, PD Dr. med. Lukas Zimmerli, Departementsleiter und Chefarzt Innere Medizin, Kantonsspital Olten, Schweiz, Operation Karriere Frankfurt 15.06.2024

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