Wie Empathie die Medizin bereichert

privat/DÄV
Behandlungen über das rein Medizinische hinaus – Ärztinnen und Ärzte müssen nicht nur die physischen Probleme ihrer Patientinnen und Patienten behandeln, sondern brauchen auch Empathie. Warum das so wichtig ist, erzählt unser Blogger Laurin in seinem neuen Beitrag und berichtet aus eigenen Erfahrungen.

In meiner Zeit im Rettungsdienst und nun als Medizinstudent bin ich täglich mit neuen, oft herausfordernden Situationen konfrontiert. Jeder Einsatz und jede Patienteninteraktion ist einzigartig und erfordert ein tiefes Verständnis sowohl für medizinische Verfahren als auch für menschliche Emotionen. In diesem Artikel möchte ich einige Erlebnisse teilen, die mir in meiner jungen medizinischen Karriere die unschätzbare Bedeutung von Empathie in der Medizin vor Augen geführt haben.

Einer der prägendsten Momente in meiner Laufbahn war der Rettungsdiensteinsatz bei einem älteren Herrn, der nach einem Sturz im häuslichen Umfeld unsere notfallmedizinische Hilfe benötigte. Seine physischen Verletzungen waren recht schnell behandelbar, doch sein Gesichtsausdruck spiegelte ein Bild voller Trauer und Einsamkeit wider. Während wir seine Platzwunden versorgten, erzählte er mir von dem schmerzhaften Verlust seiner Frau. Es waren Momente wie diese, in denen ich realisierte, dass unsere Rolle im medizinischen Bereich weit über die physische Behandlung hinausgeht. Wir sind oft diejenigen, die zuhören, die Trost spenden und die in Momenten der Verzweiflung unterstützen. Diese Erfahrung und viele weitere haben mich gelehrt, dass Empathie in der Medizin unerlässlich ist. Es geht nicht nur darum, Leben zu retten, sondern auch darum, in schwierigen Zeiten für Patienten und deren Angehörige da zu sein. Diese menschliche Komponente ist in allen Bereichen der Medizin von Bedeutung und zieht sich wie ein roter Faden durch unseren Beruf.

Zuhörer und Berater

Während meiner Zeit in der Klinik begegnete ich bei einer Famulatur einer jungen Mutter, die sich sichtlich überfordert und ängstlich fühlte, weil ihr Neugeborenes ständig weinte und nicht schlief. Obwohl es sich um ein häufiges Szenario handelte und ich „nur“ als Famulant in der Klinik tätig war, nahm ich mir die Zeit, zuzuhören, sie zu beruhigen und gemeinsam Lösungen zu finden. In diesem Moment war ich mehr als ein Medizinstudent oder ein Famulant; ich war ein verständnisvoller Zuhörer und Berater. Im Nachgang an diesen Austausch wurde mir erst bewusst, welche verantwortungsvolle Rolle medizinischem Personal zukommt. Ein weiteres Beispiel war einer meiner Dienste in der Notaufnahme, ich traf auf einen Teenager.  Der junge Mann hatte nach einem Sportunfall nicht nur körperliche Schmerzen, sondern auch Angst vor den Reaktionen seiner Eltern und den Auswirkungen auf seine sportliche Zukunft. Es ging hier nicht nur darum, den dritten Außenbandriss am gleichen Sprunggelenk zu behandeln, sondern auch darum, Ängste zu erkennen, Mut zu machen und Perspektiven aufzuzeigen.

Alle diese Begegnungen haben meine ganz eigene Perspektive auf die Medizin geprägt. Sie haben mir gezeigt, dass viele Patienten nicht nur wegen ihrer physischen Leiden zu uns kommen, sondern auch wegen psychosozialer Probleme. Das Erkennen und Eingehen auf diese Aspekte ist entscheidend, um nicht nur als Mediziner, sondern auch als menschlicher Beistand zu fungieren. Empathie ist stets ein Balanceakt, den ich immer noch lerne. Eines habe ich jedoch schon jetzt begriffen: Oftmals ist Empathie der universelle Schlüssel und Zugangsweg zu den Patienten. Empathie bereichert die Arbeit im Rettungsdienst und in der Klinik ungemein und erhält leider nicht von jeder Kollegin und von jedem Kollegen einen entsprechenden Stellenwert.

Empathie in der Medizin geht über das Wohlbefinden einzelner Patienten hinaus. Sie ist entscheidend für eine positive Wahrnehmung des Gesundheitssystems und fördert eine Kultur des Verständnisses und der Fürsorge. In einer Zeit des ständigen Wandels und neuer Herausforderungen im Gesundheitswesen bleibt Empathie ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Arbeit.

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