Als Arzt oder Ärztin in die Niederlassung: So geht’s

Alexander Konrad_KV Nordrhein © Bianca Freitag
Alexander Konrad © Bianca Freitag
Kann man sich als Arzt oder Ärztin einfach so niederlassen? Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, wie läuft alles Schritt für Schritt ab und was hat eigentlich die Kassenärztliche Vereinigung (KV) damit zu tun? Das erklärte Alexander Konrad von der KV Nordrhein auf dem Operation Karriere-Kongress in Köln.

23.423 – so viele Mitglieder hat die KV Nordrhein. Davon sind 5.530 Hausärztinnen und Hausärzte und 6.644 Fachärztinnen und Fachärzte. „Die niedergelassenen Ärzte sind die KV. Und sie gestalten die Regeln der KV“, stellt Alexander Konrad, Niederlassungsberater der KV Nordrhein, gleich zu Beginn des Workshops klar. Aber wozu ist die KV eigentlich da? Sie kümmere sich darum, dass alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Ruhe ihren Job machen können, beschreibt Konrad. Das umfasse neben der Übernahme von viel Bürokratie zum Beispiel auch die Honorarverhandlungen.

So gute Chancen wie nie zuvor

Aber wie interessant ist die Niederlassung für Medizinstudierende oder angehende Fachärztinnen und -ärzte überhaupt? Das Feedback der Teilnehmenden aus dem Workshop ist eindeutig: Der finanzielle Druck in den Kliniken sei zu groß, oft habe man schlechte Erfahrungen in der Klinik gemacht und man erhoffe sich vom ambulanten Bereich eine deutliche Besserung.

Der Bedarf spricht für sich. Denn sowohl die hausärztliche als auch die fachärztliche Versorgung stecke in der Krise, und Nachwuchsärztinnen und -ärzte werden händeringend gesucht. „Früher musste man auf eine Hausarztpraxis in Köln drei bis fünf Jahre warten“, blickt Konrad zurück. „Wenn Sie mich heute fragen, besorge ich Ihnen für morgen eine Hausarztpraxis in Köln.“ Die Chancen für junge Ärztinnen und Ärzte, in die Niederlassung zu starten, seien jetzt so gut wie nie zuvor. Dabei müsse man aber trotzdem die Bedarfsplanung im Blick behalten. Sie beschreibt, dass in einem bestimmten Bereich nur eine bestimmte Anzahl von Ärztinnen und Ärzten niedergelassen sein darf. Ist diese Zahl überschritten, ist das Gebiet gesperrt und man muss in einem anderen Gebiet suchen.

Voraussetzungen für die Niederlassung

Wenn man den Facharzt-Titel in der Tasche hat, reicht das noch nicht als Voraussetzung für eine ärztliche Niederlassung aus. Es gibt einige formale und persönliche Voraussetzungen, die man erfüllen muss:

Formale Voraussetzungen:

  • Schriftlicher Antrag auf Zustellung
  • Eintragung ins Arztregister
  • Polizeiliches Führungszeugnis
  • Lebenslauf
  • Bescheinigung über bisherige Tätigkeiten
  • Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung

Persönliche Voraussetzungen:

  • Keine Drogen- oder Alkoholabhängigkeit
  • Keine Entziehungskur in den letzten fünf Jahren
  • Keine unvereinbaren, anderweitigen (ärztlichen) Tätigkeiten

Vier Modelle der Niederlassung als Arzt oder Ärztin

Es gibt vier verschiedene Modelle für die ärztliche Niederlassung:

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  • Einzelpraxis: Die Einzelpraxis ist die am häufigsten gewählte Form der Niederlassung. Hierfür braucht man mindestens eine halbe Zulassung. Der Vorteil ist die hohe Eigenständigkeit, da man sich nicht mit Kolleginnen oder Kollegen absprechen muss. Allerdings trägt man die Kosten für die Praxis und damit das Risiko allein.
  • Praxisgemeinschaft: Hier schließen sich mindestens zwei Ärztinnen oder Ärzte mit jeweils mindestens einem halben Sitz zusammen. Jeder betreibt aber seine oder ihre eigene Praxis mit eigenen Patientinnen und Patienten. Sie teilen sich also nur die Räume, Personal und/oder Geräte.
  • Berufsausübungsgemeinschaft (BAG): Auch hier schließen sich mindestens zwei Ärztinnen oder Ärzte mit jeweils mindestens einem halben Sitz zusammen. Sie teilen sich aber nicht nur Räume, Personal und Geräte, sondern auch die Patientinnen und Patienten. Gewinne und Verluste werden also gleichermaßen geteilt. Es handelt sich um eine intensive Form der Kooperation, weil eine Gesellschaft mit Gesellschaftsvertrag gegründet wird.
  • Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ): In einem MVZ können mehrere Ärztinnen und Ärzte angestellt tätig sein und sich fachlich untereinander austauschen. Ein MVZ wird meist ärztlich oder psychotherapeutisch geleitet. Das Risiko für die angestellten Medizinerinnen und Mediziner ist also geringer und die Flexibilität, beispielsweise bei Vertretungen, größer.

„Es gibt eigentlich nichts mehr im Arztberuf, was es nicht gibt“, sagt Konrad. Auch wenn man niedergelassen sei, könne man noch tage- oder stundenweise im Krankenhaus oder anderen Praxen arbeiten. Die Flexibilität bei der Niederlassung sei groß.

Das Ausschreibungs- und Nachbesetzungsverfahren

Der Schritt von der Abgabe einer Praxis durch einen Arzt oder eine Ärztin bis zur Übernahme durch einen Nachfolger oder Nachfolgerin dauere mindestens ein halbes oder Dreivierteljahr. „Wenn Sie Interesse an einer Niederlassung haben, sollten Sie ein bis zwei Jahre vorher mit einem Berater der KV einen Termin machen“, rät Konrad. Je nach Fachbereich könne ein Nachbesetzungsverfahren einfacher oder schwerer sein. Schwerer sei es beispielsweise für die Bereiche Kardiologie, Onkologie oder Radiologie. Mit einer frühzeitigen Planung könne die KV das Verfahren so einleiten, dass es beispielsweise zwischen dem Eintrag ins Arztregister und der Genehmigung durch den Zulassungsausschuss keinen Zeitverlust gebe.

Sollte es mehrere Bewerberinnen und Bewerber für eine Praxis geben, entscheide oft auch, wie lange man schon als Facharzt oder -ärztin arbeite. In der Konkurrenzsituation können gerade jüngere Medizinerinnen und Mediziner dann schlechter dastehen. „Aber dafür gibt es auch Übergangsmodelle“, weiß Konrad. Dazu zählen:

  • „Abgabe“ der Praxis durch Verzicht zugunsten einer Anstellung
  • Jobsharing und Sitzteilung
  • Anstellung des Übernehmers/der Übernehmerin
  • Abgabe an Übernehmer/Übernehmerin und eigene Anstellung
  • Abgabe an ein MVZ

Die KV unterstützt sowohl Medizinstudierende als auch zukünftige Fachärztinnen und -ärzte in jeder Phase ihres Arztberufs, seien es Förderungen für Famulaturen, PJ, die Weiterbildung oder Beratungen zu den verschiedenen Möglichkeiten der Niederlassung. „Nutzen Sie die Möglichkeiten der Beratung“, rät Konrad zum Schluss. „Nutzen Sie Ihre Chancen in der ambulanten Versorgung.“

 

Quelle: Workshop „Kompass Praxisstart – Wege in die Niederlassung“, Alexander Konrad, Niederlassungsberater, Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, Köln, Operation Karriere in Köln, 28. Oktober 2023

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