Der Weg zum Dr. med.: So meisterst Du die Promotion

Dr. Ursula Kessen leitet das Graduiertenzentrum Medizin der Universität Düsseldorf. Sie unterstützt Doktoranden von der Wahl des Themas bis zur Abgabe der Arbeit.
Der Doktortitel gehört für viele zum Arztberuf einfach dazu. Doch wie meisterst Du das Projekt mit möglichst wenig Stress und Frust? Wir haben die Promotions-Expertin Dr. Ursula Kessen nach häufigen Fehlern gefragt – und welche Tipps sie hat, damit die Arbeit gelingt.

Erste Überlegungen:

  • Warum möchte ich überhaupt promovieren? Strebe ich eine wissenschaftliche Karriere an oder ist mir nur der Titel wichtig?
  • Was genau möchte ich machen? Für die Doktorarbeit eignen sich ja ganz unterschiedliche Themen: Möchte ich Tierversuche machen? Möchte ich im Labor arbeiten? Bevor es an die Themensuche geht, ist die Frage wichtig, was für eine Art Arbeit ich schreiben möchte und welche Tätigkeiten mir da liegen.
  • Möchte ich einfach schnell fertig werden oder möchte ich eine Arbeit schreiben, auf die ich auch stolz sein kann? Die Doktorarbeit ist wie eine Visitenkarte, die einen Arzt das ganze Berufsleben über begleitet. Wer hier zu wenig Mühe investiert, schämt sich später womöglich für das Ergebnis. Eine anspruchsvolle Arbeit macht auch viel Spaß!

Der Tipp der Expertin: “Wer eine interessante, anspruchsvolle Doktorarbeit anfängt, bleibt auch dran. Bei den vermeintlich einfachen Themen fehlt einem oft die Motivation und das Risiko ist höher, am Ende durchzufallen.”

Was ist der richtige Zeitpunkt, mit der Doktorarbeit anzufangen?

Ein häufiger Fehler: “Viele Doktoranden machen sich mit dem Thema großen Stress. Bei vielen ist das ganze Studium völlig durchgetaktet – die haben ganz konkrete Vorstellungen, dass sie beispielsweise im siebten Semester ein Freisemester für die Doktorarbeit nehmen und dass sie in diesem Zeitraum auch fertigwerden wollen. Wer dann aber erst nach der Prüfung anfängt, nach einem Thema zu suchen, wird schnell hektisch und greift nach dem erstbesten Projekt: So kann es schnell passieren, dass man beim falschen Thema und beim falschen Betreuer landet.”

Besser:

  • Lass Dich nicht von einem möglichen Betreuer unter Druck setzen!
  • Informiere Dich ein bisschen über das Projekt, dass der mögliche Betreuer Dir vorschlägt: Gab es hier schon einen Doktoranden, der das Projekt nicht zuende gebracht hat? Und wenn ja, warum?
  • Nimm Dir ein paar Tage Zeit, bevor Du Dich für oder gegen ein Thema entscheidest. Überlege Dir, ob Du wirklich mehrere Monate mit diesem Projekt verbringen willst und ob Du Dir auch die Zusammenarbeit mit diesem Betreuer vorstellen kannst.

Wie findest Du das richtige Thema und den richtigen Betreuer?

Anders als bei naturwissenschaftlichen Doktorarbeiten werden im Fach Medizin praktisch keine Themen ausgeschrieben. Wie findet man also ein Thema?

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Der Tipp der Expertin: “Für die Themensuche sollte man sich Zeit nehmen – das kann auch mal ein halbes Jahr dauern. Das ist ganz wichtig: Nach meiner Erfahrung macht es ca. 30 Prozent der gesamten Arbeit aus, ein gutes Thema und einen guten Betreuer zu finden.”

Ein häufiger Fehler: “Viele Themen sind relativ kleinteilig. Das Problem dabei ist, dass man immer auf Ergebnisse anderer angewiesen ist. Dann muss man sich aufeinander beziehen – und wenn dann einer aus der Gruppe nicht rechtzeitig fertig wird, haben die anderen ein Problem.”

Besser:

  • Die Suche nach einem guten Thema und einem passenden Betreuer sollte man ähnlich ernst nehmen wie eine Bewerbung um einen Job.
  • Wende Dich an das Graduiertenzentrum Deiner Fakultät. Hier bekommst Du auch Hilfe bei der Suche nach einem möglichen Betreuer.
  • Bereite Dich auf das Gespräch mit einem möglichen Betreuer gut vor! Versuche, nicht bedürftig oder gleichgültig zu wirken – der Betreuer wünscht sich einen Doktoranden, der sich für die Inhalte interessiert und nicht nur schnell fertigwerden möchte.
  • Es hilft, sich über PubMed zu informieren, welche Forschungsschwerpunkte Dein Wunschbetreuer hat. Lies das letzte Paper, das er veröffentlicht hat!
  • Forschung ist nie abgeschlossen: In den Veröffentlichung steht auch immer ein Ausblick, an welchen Punkten weitergeforscht werden kann. Hier kannst Du Ideen für Dein eigenes Forschungsprojekt finden, die bei dem Betreuer sehr wahrscheinlich auf Interesse stoßen. Selbst, wenn schon jemand anders an diesem Aspekt arbeitet, kannst du dem Betreuer zeigen, dass Du Dich wirklich mit dem Thema beschäftigt hast. Das macht einen guten Eindruck!

Der gute Betreuer und der gute Doktorand

Der gute Betreuer:

Du wünschst Dir einen Betreuer,

  • mit dem Du vor allem auf menschlicher Ebene gut zusammenarbeiten kannst,
  • der sich für Dich und Deine Fragen Zeit nimmt,
  • bei dem Du möglichst viel lernen kannst,
  • der sich darum kümmert, dass die Rahmenbedingungen stimmen (z.B. dass die Ethikvoten und Tierversuchsgenehmigungen wirklich vorliegen)
  • der ernsthaftes Interesse daran hat, Dich und Deine Doktorarbeit zum Erfolg zu bringen.

Der gute Doktorand:

Dein Betreuer wünscht sich einen Doktoranden,

  • der selbstständig ist,
  • der sich eingearbeitet hat,
  • der möglichst wenig Betreuung braucht,
  • der das macht, was der Betreuer sagt.

Der Tipp der Expertin: “Für eine gute Zusammenarbeit muss man sich über die Interessen der anderen Seite klar sein und versuchen, sich möglichst in der Mitte zu treffen.”

Experte werden und nachfragen: “Read the fucking manual”

Ein häufiger Fehler: “Bei Experimenten sollte man wissen, wie die verwendeten Geräte funktionieren. Wenn mal etwas nicht klappt, ist man sonst sehr hilflos und kann im Zweifelsfall nicht beurteilen, ob die Ergebnisse valide sind. Wir haben früher im Labor immer gesagt: ‘Read the fucking manual’. Das prägt sich ein.”

Besser:

  • Eigne Dir ein grundlegendes Verständnis für die Technik an, die Du verwendest. So bist Du selbst Experte und machst Dich unabhängig von anderen.
  • Hinterfrage alles und sorge dafür, dass Du nur sinnvolle Dinge tust: Wenn ein anderer Dir Experimente aufträgt, die Du selbst für unsinnig hältst, frag nach! Sonst verschwendest Du im schlimmsten Fall nur Deine Zeit und kommst mit Deinem Projekt nicht voran.

Nimm Dir Zeit für Qualität!

Ein häufiger Fehler: “Viele wollen mit ihrer Doktorarbeit einfach nur so schnell wie möglich fertig werden. Die Doktorarbeit soll ja auch zeigen, dass sich der Mediziner mit den wissenschaftlichen Hintergründen beschäftigt hat und weiß, wie man die besten und modernsten Therapien für seine Patienten findet. Der Doktortitel soll ja ein Qualitätsmerkmal sein. Wir haben kein Interesse daran, den Ärzten die Doktortitel hinterherzuwerfen. Dadurch verlieren sie auch an Wert – gerade im Vergleich zu anderen Fächern.”

Besser:

  • Stecke Zeit und Energie in die Doktorarbeit und gehe das Projekt mit Ambitionen an!
  • Auch, wenn Du eigentlich eine eigene Praxis willst: Betrachte Dich selbst für die Zeit der Doktorarbeit als Wissenschaftler! Die Medizin ist abhängig von der Wissenschaft und Doktoranden tragen einen großen Teil dazu bei. Zumindest für die Zeit der Doktorarbeit bist Du ein Teil davon. Und darauf kannst Du auch stolz sein!

Quelle: Operation Karriere Köln, 09.11.2019, “Dr. med. – wie man die Doktorarbeit meistert”, Dr. Ursula Kessen, Leitung Graduiertenzentrum Medizin, Dekanat der Medizinischen Fakultät der Universität Düsseldorf

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