Unfallchirurgie und Orthopädie: Ein Knochenjob – braucht man Kraft dafür?

Braucht man eigentlich Kraft, wenn man als Orthopädin und Unfallchirurgin arbeiten möchte? Darüber haben wir am 15. April 2021 im Online-Seminar mit Dr. Susanna Ostendorf vom Verein "Die Chirurginnen e.V." gesprochen. Du konntest nicht dabei sein? Hier geht's zum Video auf YouTube.

Ein Vorurteil über die Unfallchirurgie und Orthopädie hält sich hartnäckig und trägt dazu bei, dass Frauen in dem Bereich noch immer unterrepräsentiert sind: In dem Job kommt es vor allem auf Körperkraft an. Dass das so nicht stimmt, erklärt Dr. Susanna Ostendorf. Sie geht darauf ein, warum nur ein Bruchteil der Aufgaben mit reiner Muskelkraft zu lösen ist und welche Rolle Technik, Kommunikation und Teamwork speziell in der Unfallchirurgie spielen.

Dr. Susanna Ostendorf ist Oberärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie. An dem Fach fasziniert sie vor allem die Verbindung aus Anatomie, handwerklichem Arbeiten und schnellen Entscheidungen. Im Online-Seminar von Operation Karriere berichtet sie aus ihrem Arbeitsalltag und gibt Tipps für den Berufseinstieg.

Dieses Online-Seminar von Operation Karriere ist am 15. April 2021 in Zusammenarbeit mit dem Verein “Die Chirurginnen e.V.” entstanden.

Antwort auf eure Fragen

Da wir aus Zeitmangel im Online-Seminar leider nicht alle Fragen beantworten konnten, die ihr uns im Chat gestellt habt, hat Dr. Susanna Ostendorf nach der Veranstaltung noch einige Fragen schriftlich beantwortet.

Fragen an Dr. Susanna Ostendorf

 

Was muss man mitbringen, um eine gute Chirurgin zu sein?

Dr. Susanna Ostendorf: Wichtig sind Freunde am Handwerk und Interesse am Patienten. Außerdem wichtige Eigenschaften: Geduld auf der einen Seite und Entscheidungsfreude auf der anderen Seifte.

Wie lange haben Sie gebraucht, um sich an den chirurgischen Alltag und vor allem das lange Stehen zu gewöhnen?

Dr. Susanna Ostendorf: Das ist Übungssache. Schon in meinen Famulaturen und PJ war das Hakenhalten gang und gäbe und auch bei meinen chirurgischen Blockpraktika war ich gern in OP, während andere lieber auf Station geblieben sind. Mit der Zeit gewöhnt man sich daran.

Wie ist das, wenn man bei OPs immer durch das lange Stehen Schmerzen an den Fersen bekommt? Ist man dann ungeeignet oder ist das normal?

Dr. Susanna Ostendorf: Das ist Gewöhnung und kann auch an den Schuhen liegen. Wer mit dem Hakenhalten anfängt, steht meistens sehr still. Mit der Zeit merkt man aber, dass man auch gut Hakenhalten kann, wenn man dabei mal die Beine bewegt oder wippt. Das hilft schon gegen die Schmerzen.

Wie gut lassen sich Teilzeitstellen (z.B. 75%) als Mutter mit der Unfallchirurgie vereinbaren?

Dr. Susanna Ostendorf: Gut, wenn man mit der Abteilung klärt, wie die Aufgaben sinnvoll verteilt werden, zum Beispiel Stationsbetreuung, Sprechstunden und Dienste. Ich arbeite volle Tage, da kann dann auch nochmal der Notfall reinkommen und ich kann etwas länger bleiben. An diesen Tagen übernimmt mein Mann die Kinderbetreuung. Dafür habe ich dann zwei Tage frei, an denen ich mich um die Kinder kümmere. Es ist auch eine Frage, wie man sich organisiert.

Ich bin mir sicher, dass ich in die Unfallchirurgie gehen werde. Wie ist das mit Familie und Beruf in der Praxis? Oft wird einem von Ärzten geraten, gerade als Frau lieber nicht in die (Unfall-)Chirurgie zu gehen.

Dr. Susanna Ostendorf: Die Unfallchirurgie ist eben weniger planbar als andere konservative Fächer. Deshalb ist es umso wichtiger, sich selbst gut aufzustellen und sich für die Familienplanung und Familiengestaltung mit dem Partner bzw. der Partnerin abzusprechen. Man sollte sich aber davon nicht abhalten lassen, in die (Unfall-)Chirurgie zu gehen.

Wie sieht es aus mit einer Schwangerschaft in der Assistenzarztzeit? Machbar oder lieber vermeiden?

Dr. Susanna Ostendorf: Klar ist das machbar! Man sollte sich für danach aber einen Plan schmieden, damit man in der Weiterbildung gut weiterkommt. Gegebenenfalls kann man die Schwangerschaft und Elternzeit auch nutzen, um sich fortzubilden oder am Krankenhaus andere Aufgaben zu übernehmen.

Gibt es eine Empfehlung von Ihnen für den Berufseinstieg als Frau? Was ist da wichtig: großes Haus/kleines Haus oder orthopädisch/unfallchirurgischer Schwerpunkt?

Dr. Susanna Ostendorf: Wer sich nicht sicher ist, und erstmal in verschiedene Bereiche der Orthopädie und Unfallchirurgie reinschnuppern möchte, ist in einem Haus der Grund- und Regelversorgung mt Basisunfallchiurgie und Orthopädie gut aufgehoben.

Macht es für Orthopädie und Unfallchirurgie Sinn, als Facharztausbildung zunächst den allgemeinen Common Trunk zu machen und erst danach die Spezialisierung zu machen? Oder macht es mehr Sinn, direkt mit Ortho zu starten?

Dr. Susanna Ostendorf: Es macht Sinn, den Common Trunk so zu machen, wie er gedacht ist: mit Notaufnahme, Intensivstation und Station. Das geht natürlich in einer Abteilung, die Orthopädie und Unfallchirurgie macht. So kann man die Patienten kennenlernen, die über die Notaufnahme in den OP kommen, man lernt etwas über die Nachbehandlungen komplexerer Fälle auf Intensivstation und man kann den Notarztkurs machen. Das ist einfach eine gute Basis, auf der man dann durchstarten kann.

Du hast noch Fragen rund um das Thema “Frauen in der Chirurgie” oder willst dich mit anderen Chirurginnen vernetzen?

Mehr Infos findest du unter www.chirurginnen.com

Kontakt: kontakt@chirurginnen.com

Artikel teilen

Das könnte dich auch interessieren